Republikanische Vorwahlen 2016: der Aufgalopp

Beiträge 31 - 40 von 136
  • Crazy Shit

    Wanli, 13.08.2015 01:07, Antwort auf #30
    #31

    Ein Tweet Donald Trumps behauptete kürzlich, FOX-Chef Roger Ailes habe ihn angerufen und gebeten, das Kriegsbeil zu begraben. Nun gibt es einen Artikel, der behauptet, Ailes sei regelrecht zu Kreuze gekrochen:

    Ailes didn't just call Trump to get the relationship back on track. He apparently called Trump "multiple" times "begging" Trump to declare the Trump v Fox war over, which he eventually did. He offered him a full hour on Kelly's show. Trump refused. Any other show. Trump said he'd think about it. Anything for a cessation of hostilities. But as Sherman points out, "that process has meant that Fox has had to mute its defense of Kelly, who is now watching uneasily as the Fox audience turns on her: According to one high-level source, Kelly has told Fox producers that she’s been getting death threats from Trump supporters."

    http://talkingpointsmemo.com/edblog/fox-issues-unconditional-surrender

    Die Show geht weiter...

  • RE: Crazy Shit

    Wanli, 13.08.2015 21:14, Antwort auf #31
    #32

    Trump und Fox haben bekanntlich Frieden geschlossen, zum Dank offerierte ihm der Sender ein einstündiges Interview - zunächst mit Megyn Kelly, aber mit der wollte der Donald nicht mehr sprechen. Also bekam er jetzt ein Interview mit Sean Hannity, dem wohl schleimigsten Wiesel, das jemals ein politisches Magazin moderiert hat. Hannity beschränkt sich generell darauf, dem Gegenüber zu soufflieren. Das resultierende "Interview" ist denn auch wirklich bizarr: Hannity kündigt vollmundig an, jetzt werde der Donald aber mal sehr konkret, was seine politischen Vorhaben angehe. Natürlich tut er das nicht; das ganze Interview ist ein chaotischer Bewusstseinsstrom mit kleinen Infoschnippseln und großen Adjektiven: Obamacare abschaffen? Klar, man werde es ersetzen durch ein großartiges System, das alle Vorteile beibehalte und natürlich kaum etwas koste. Und so geht das bei so ziemlich jeder Frage. Zahlen sind eh egal - die wahre Arbeitslosenrate in den Staaten liegt laut Trump bei 40%. Da muss sogar der Moderator schlucken; widersprechen kann ein Hannity natürlich nicht, das liegt einfach nicht in seiner DNA.

    Sichtlich leiden tut er allerdings, als Trump mehrfach von der orthodoxen Lehre abweicht, normalerweise eine Todsünde in republikanischen Kreisen. Die meisten anderen Kandidaten übertreffen sich mit Ankündigungen, der Organisation Planned Parenthood, die unter anderem Abtreibungskliniken betreibt, den Garaus machen zu wollen, Trump dagegen verweist darauf, dass sie doch viele wertvolle Gesundheitsdienstleistungen für Frauen bereitstelle, wäre doch unsozial, ihnen die zu verwehren - gegen Abtreibungen sei er natürlich auch.

    Nach einer großspurig angekündigten Steuerreform befragt, gab der Donald - zu Hannitys Entsetzen - zu Protokoll, eine Flat Tax sei mit ihm nicht zu machen, natürlich müssten Reiche mehr zahlen. Hätte man vor zwanzig Jahren die Wohlhabenden mal mehr zur Kasse gebeten, hätte man die Staatsschulden abbauen können, so dass man jetzt nicht auf einem Schuldenberg sitzen würde. Hej, sowas hört man sonst allerhöchstens vom sozialistischen Kandidaten Bernie Sanders. Es muss so endlos frustrierend für manche andere konservative Kandidaten sein - sie versuchen Tag und Nacht, jeden Anschein der Häresie zu vermeiden, und dann kommt jemand daher, dem republikanische Glaubenssätze offenbar völlig wumpe sind, und führt die Umfragen an.

    Es ist völlig deutlich, dass der Donald nichts hat, was man als kohärentes Programm bezeichnen könnte, ebenso offensichtlich ist es aber auch, dass er halt völlig spontan und (auf seine bizarre Art) authentisch ist; die Kraftmeierei und der ständige Hinweis darauf, wie unglaublich unfähig doch sämtliche Politiker in Washington seien, mag bei vielen Republikanern auch Eindruck schinden. Die wirklich Wütenden, die Tea Parties - letztendlich ging es denen vermutlich oft nicht um konkrete konservative Politik, sondern vor allem um Frustabbau und die Überwindung eigener Komplexe durch einen Führer, dem Selbstzweifel völlig fremd zu sein scheinen. Hier das Interview (in zwei Teilen):

    https://www.youtube.com/watch?v=qzB_GWWJBAE

    https://www.youtube.com/watch?v=AU8TlzImQc0

    All das bedeutet natürlich nicht, dass eine solch schillernde Figur wirklich acht Monate lang zu dominant bleibt, wie sie jetzt ist, und dann tatsächlich Präsidentschaftskandidat wird.

    http://www.bloombergview.com/articles/2015-08-13/three-ways-donald-trump-loses-t he-gop-nomination

  • RE: Crazy Shit

    drui (MdPB), 14.08.2015 15:59, Antwort auf #32
    #33

    Nach einer großspurig angekündigten Steuerreform befragt, gab der Donald - zu Hannitys Entsetzen - zu Protokoll, eine Flat Tax sei mit ihm nicht zu machen, natürlich müssten Reiche mehr zahlen. Hätte man vor zwanzig Jahren die Wohlhabenden mal mehr zur Kasse gebeten, hätte man die Staatsschulden abbauen können, so dass man jetzt nicht auf einem Schuldenberg sitzen würde.

    Gespenstisch. Als ob plötzlich der Teufel von Donald Besitz ergriffen und einen Republikaner zum ersten Mal zur Wahrheit gezwungen hätte. Damit haben die anderen Kandidaten ein großes argumentatives Problem später gegen Hillary oder Saunders, denn immer heißt es: Selbst Donald Trump war nicht so irre, eine Flat Tax zu fordern. Wer weiß was Hillary Donald versprochen hat, jedenfalls sind Trump und Fox derzeit die besten und billigsten Wahlkampfhelfer für die Demokraten.

  • RE: Crazy Shit

    chessy, 15.08.2015 16:58, Antwort auf #32
    #34

    Trump zieht derweil mächtig über seine Konkurrenten her:

    http://www.politico.com/story/2015/08/trump-bad-mouths-his-rivals-121389.html?hp =l1_3

    Dabei fällt auf, dass er weniger Argumente bringt, sondern fast unisono darauf verweist, dass die anderen ihn angegriffen und danach in den Umfragen verloren hätten, während er dick in Führung liege. Warten wir mal ab, wie sich das ganze entwickelt. Es bleibt spannend ...

  • Der Donald

    Wanli, 17.08.2015 21:32, Antwort auf #34
    #35

    Um seine schicke neue Aktie zu feiern, hier mal ein Link zum Artikel eines Journalisten, der diverse Trump-Anhänger nach den Gründen für ihre Wahl befragt hatte. Verschiedenste werden genannt, mein Favorit ist natürlich dieser hier:

    I would like to offer my reasoning for supporting Trump. I know he would do a pretty terrible job at this point, but I really am at the point of letting the whole thing burn down and explode. Trump would help us get there faster and more efficiently. Like the joker from The Dark Knight, I just want to see the world burn. I guess I am an anarchist in that respect. Once it's all burnt down maybe we can have that constitutional convention we really need to fix things and get this country back on track if it still exists. Happy Friday. If you do decide to publish please include the email signature below.

    Sent from NSA Monitored Device

    http://www.theatlantic.com/politics/archive/2015/08/donald-trump-voters/401408/

    Donalds Geheimnis ist halt auch, nicht langweilig und vorsichtig zu sein:

    All the others arrive with a title and people ask questions that start with “Senator..or... Governor” but with Trump it’s simply, “Hey, Donald.”

    Donald is accessible. He isn’t surrounded by a flying squadron of handlers and public relations hacks. He will answer any question posed to him and his replies are offered without fear of controversy because a big part of being Trump means you simply do not care what people think about what you just said.

    Donald is not boring. Half the rest of the Republican field, other than John Kasich, behave like store mannequins. The other half resemble people badly in need of professional help.

    There is Cruz from Texas who could easily be cast as the villain in any  Bond or Batman film. There is Rand Paul, clearly unaware that he is a dead man walking. There is Scott Walker who, odds on, two years from now will be a greeter at the Oshkosh Home Depot. And there are just so many others on the massive GOP presidential stage who appear to be unable to do  simple tasks like boiling water or plugging in a lamp without the risk of self electrocution. Sad people.

    http://www.thedailybeast.com/articles/2015/08/16/sorry-folks-donald-trump-is-for -real.html

    So gesehen würde man ihm fast die Nominierung wünschen. ^.^

  • Auguren und Bilder

    Wanli, 18.08.2015 21:45, Antwort auf #35
    #36

    Lesetipp: Auf 538 plaudern Micah Cohen, Nate Silver und Harry Enten über den derzeitigen Stand des republikanischen Vorwahlkampfes und wagen ein paar Prognosen - Silver etwa glaubt, dass diesmal eine ungewöhnlich große Chance besteht, dass nach sämtlichen Vorwahlen kein Kandidat die absolute Mehrheit der Delegierten hinter sich haben wird. Das Problem der GOP sei nicht nur die starke Unterstützung für radikale, der Parteiführung nicht genehme Kandidaten - die habe es auch 2012 schon gegeben -, sondern auch, dass diesmal nicht der eine Establishment-Kandidat existiere, auf den man sich verständigen und dem man dann zum Sieg verhelfen könne. Sehr lesenswert, wie immer erfreulich unaufgeregt und nicht so stark von den jeweiligen Tagesschlagzeilen beeinflusst wie viele andere Medienanalysen.

    http://fivethirtyeight.com/datalab/roundtable-is-the-republican-establishment-lo sing-control-of-the-party/

    In einem anderen Artikel äußert sich Silver übrigens zu Clintons derzeitigen Problemen (fallende Umfragezahlen, Emailskandal) und bleibt auch hier nüchtern: Jeder starke Kandidat bekomme irgendwann weniger angenehme Schlagzeilen; das sei einfach zu erwarten und kein Grund, an ihrem Status als haushohe Favoritin auf die Präsidentschaftskandidatur zu zweifeln.

    http://fivethirtyeight.com/features/hillary-clinton-scandal-inevitable-problems/

    Wer lieber bunte Bilder anschut, mag sich an den Fotos vom Iowa State Fair erfreuen, einer Art großem Volksfest, bei der so ziemlich jeder Kandidat beider Parteien sich blicken lässt, erreicht man hier doch schnell viele potenzielle Wähler. Dafür muss man allerdings die legendäre lebensgroße Butter-Kuh bestaunen und mit verzückter Miene jede Menge Schweinefleisch verdrücken. Donald Trump kam übrigens im eigenen Helikopter und lud Kinder zu Rundflügen ein; einem der Kleinen verriet er: "Ich bin Batman." Auch nicht wesentlich bizarrer als das, was er sonst so sagt.

    http://www.nationaljournal.com/pictures-video/photos-2016-presidential-candidate s-at-the-iowa-state-fair-20150817

  • RE: Auguren und Bilder

    drui (MdPB), 19.08.2015 18:15, Antwort auf #36
    #37

    And there are just so many others on the massive GOP presidential stage who appear to be unable to do  simple tasks like boiling water or plugging in a lamp without the risk of self electrocution.

    Silver etwa glaubt, dass diesmal eine ungewöhnlich große Chance besteht, dass nach sämtlichen Vorwahlen kein Kandidat die absolute Mehrheit der Delegierten hinter sich haben wird.

    Vielleicht überlegen sich ja die GOP, Rupert Murdock und die Koch Brothers einen Ausweg aus dieser Misere. Ich könnte mir einen Ausscheidungswettkampf vorstellen, in dem die Kandidaten eben solche scheinbar einfachen Alltagsaufgaben wie Wasser kochen und Lampe anschließen bewältigen müssen. In der nächsten Runde dann Fahrrad fahren in texanischen Großstädten, S-Bahn surfen und Freeclimbing. Und in der Endrunde (falls noch notwendig) schwarz angemalt und in Hoodies mit amerikanischen Landpolizisten "kommunizieren" und Bibelkurse in Raqqah anbieten. Der letzte Überlebende wird dann Kandidat mit garantierter absoluter Mehrheit. Fox News wären phämomenale Einschaltquoten sicher und alle wären dankbar, dass Gestalten wie Perry, Santorum, Huckabee etc. nicht für die nächsten 50 Jahre weiter kandidieren.

  • Trump holt gegen Clinton auf

    sorros, 21.08.2015 19:07, Antwort auf #37
    #38
  • RE: Trump holt gegen Clinton auf

    Wanli, 21.08.2015 20:49, Antwort auf #38
    #39

    Gestern und heute wurden zwei Umfragen veröffentlicht, die Trump in Florida und Michigan vor Hillary sehen.

    http://www.realclearpolitics.com/epolls/latest_polls/president/

    15 Monate vor der Wahl sollte man da natürlich nichts drauf geben, aber erwartet hätte ich es ehrlich gesagt nicht, ebensowenig wie Trumps nach wie vor blendende Zahlen im Vorwahlkampf trotz diverser Kontroversen. Spannend - kann der Donald die Welle weiter reiten, wann schalten seine Konkurrenten wirklich um auf Attacke (von Bush kam jetzt schon deutlichere Kritik, Fiorina, Perry und Paul kritisieren den Donald schon ne ganze Weile, aber Leute wie Rubio, Walker und Kasich halten sich bislang noch zurück)? Mit Ausnahme von Paul hat noch niemand negative Fernsehwerbung gegen Trump geschaltet. Mal sehen, wann die Mitbewerber die Hoffnung aufgeben, dass sich Donald selbst zerlegt.

    Auf der einen Seite gab es auch vor vier oder acht Jahren immer wieder ungewöhnliche Kandidaten, die im Herbst vor Beginn der Vorwahlen für eine Weile bemerkenswerte Umfragezahlen hatten. Hier kann man die Fieberkurven des Jahres 2011 noch einmal anschauen:

    http://www.realclearpolitics.com/epolls/2012/president/us/republican_presidentia l_nomination-1452.html

    Mittlerweile gibt es aber auch Stimmen, die glauben, diesmal könne es anders kommen als in der Vergangenheit, als unorthodoxe Außenseiter-Kandidaten ihren Moment im Scheinwerferlicht hatten, die Partei sich dann aber doch für einen mehr mainstreamtauglichen Bewerber entschied: Bush 1, Dole, Bush 2, McCain, Romney. Als Argument wird im folgenden Artikel unter anderem die Revolution der Wahlkampffinanzierung (Stichwort Super PACs) angeführt. Lesenswert:

    http://www.theatlantic.com/politics/archive/2015/08/maybe-this-time-really-is-di fferent/401900/

    Was auch immer aus Trump wird - es ist schon erstaunlich, wie er in diesem natürlich auch extrem dichten Bewerberfeld die Debatte beeinflusst. Er sprach sich jetzt für eine Abschaffung der "Birthright Citizenship" aus, des Grundsatzes also, dass jeder automatisch amerikanischer Staatsbürger ist, der auf dem Boden der USA geboren wird. Bislang war dieser Grundsatz für beinahe alle Politiker mit Ausnahme wirklich marginaler Rechter unantastbar, jetzt ziehen sofort mehrere Kandidaten nach und plappern dem Donald nach. Was nebenbei gesagt das Werben um Latinostimmen bei der Präsidentschaftswahl noch schwieriger macht. Von daher würde ich die Probleme der Demokraten auch nicht übertreiben - die GOP tut gerade alles, um sich bei einer rasant wachsenden Wählergruppe unmöglich zu machen, bei der die GOP punkten muss, wenn sie das Weiße Haus zurückerobern will.

  • Lesetipps: sechs Namen

    Wanli, 21.08.2015 21:54, Antwort auf #39
    #40

    Wer sich noch umfassender mit den republikanischen Vorwahlen auseinandersetzen möchte, dem seien die folgenden Kolumnisten ans Herz gelegt.

    Sean Trende schreibt für RCP, sehr nüchtern und kenntnisreich, auch der einzige der hier vorgestellten Journalisten, den man keiner eher linken politischen Position zuordnen kann:

    http://www.realclearpolitics.com/authors/sean_trende/

    Dann wäre da Harry Enten, der für 538 schreibt und auch schon im Guardian publiziert hat:

    http://fivethirtyeight.com/contributors/harry-enten/

    Seth Masket ist Politologe der Universität Denver, seine Kolummnen enthalten immer wieder ganz interessante Einsichten:

    http://www.psmag.com/author/seth-masket

    Dann hätten wir Jonathan Bernstein, ganz klar kein Freund der GOP, dem es aber doch immer wieder gelingt, sich ganz gut in die Seele dieser bizarren Partei einzufühlen:

    http://www.bloombergview.com/contributors/jonathan-bernstein

    Ein weiterer, noch kritischerer Begleiter der amerikanischen Konservativen ist Conor Friedersdorf:

    http://www.theatlantic.com/author/conor-friedersdorf/

    Am weitesten links steht sicher Jonathan Chait, dessen Artikel ganz klar von Aversion gegen die Republikaner geprägt sind und der immer wieder ihre ideologischen Widersprüche offenlegt:

    http://nymag.com/author/Jonathan%20Chait/

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