Demokratische Präsidentschaftskandidatur 2020: alle am Start (?)

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  • RE: Steingart zu den Wahlchancen Trumps

    drui (MdPB), 21.06.2019 20:02, Antwort auf #80
    #81

    Ich finde es va. erstaunlich, wie Trump einerseits seine Arschloch- First-Strategie führt und glaubt, alleine gegen alle anderen Handelsvorteile oder persönliche Bereicherung auf das eigene Konto erpressen zu können (und dabei Handelspartner und potentielle Mitstreiter vergrätzt) und andererseits empört ist, dass andere Länder ihre eigene Währungs- und Finanzpolitik verfolgen.

    Steingart als selbst ernannter Währungs-Guru, der in seiner gewohnt arroganten Art die gesamten europäischen Politiker als ahnungslos darstellt, scheint mir ebenso einige Dinge übersehen zu haben: Wie Trump überbewertet er Handelsbilanzen. Die sind bei multinationalen Unternehmen nicht mehr national logisch aufschlüsselbar: Wer importiert und exportiert bei einem im BMW-Werk in Spartanburg South Carolina produzierten Auto, wenn alle möglichen Teile wild in Europa, den USA und Mexiko produziert, verschickt und zusammengebaut werden? Warum wirken Trump oder die FED so hilflos bei einem angeblich zu starken Dollar, wo das doch die Weltwährung ist? Warum haben viele amerikanische Produzenten in anderen Bereichen keinerlei Probleme mit einem stärkeren Dollar, weil sie ganz einfach - anders als Stahl-, Auto- und Energieproduzenten - konkurrenzfähig und technisch innovativ sind?

    Und die ganze Dollarverschuldungsproblematik wird verschwiegen. Für die USA ist es unglaublich einfach und verlockend, sich durch die Leitwährung zu verschulden, mit inzwischen über 21 000 Milliarden Euro, 110% des Bruttoinlandsprodukts. Bei den EU-Staaten gibt es nur drei Länder, die einen höheren Verschuldungsgrad haben, Griechenland, Italien und Portugal. Trump möchte gerne immer mehr Schulden machen für Millardärssteuersenkungen und Militärausgaben, das geht natürlich leichter, wenn der Dollar massiv abwertet, das gefällt aber den Gläubigern nicht, ua. den Chinesen und Japanern, weil sie dann Geld verlieren.

    Und weder Trump noch Steingart scheinen die FED zu verstehen: deren Auftrag ist zunächst die Sicherung der Preisstabilität, dann die Konjuktursteuerung in Hinsicht eines möglichst gleichmäßigen, nicht erhitzten Wirtschaftswachstums. Die Wirtschaft brummt in den USA seit über 10 Jahren, Dank Obama, eine Deflation gibt es auch nicht, somit keinerlei Grund bei historisch niedrigen Zinsen, steigenden Aktienkursen und der extremen Menge an billigem Geld diese weiter zu senken, man will ja auch zumindest minimalen Spielraum haben bei der nächsten Krise.

  • RE: Steingart zu den Wahlchancen Trumps

    Wanli, 21.06.2019 20:33, Antwort auf #81
    #82

    Die Vorstellung, die USA würden im Welthandel permanent übers Ohr gehauen, vertritt der Donald schon seit drei Jahrzehnten, eine der raren Konstanten in seinem Weltbild.

    Warum das eine fragwürdige Sichtweise ist und Drumpfs Maßnahmen zudem äußerst fragwürdig, zeigt hier die LA Times auf:

    https://www.latimes.com/business/la-fi-trade-deficit-trump-obsession-20170502-ht mlstory.html

    Dieser "Neomerkantilismus" (schöner Begriff) ist an sich schon sehr unterkomplex, noch schlimmer wird es, wenn sich der POTUS ganz auf sein Bauchgefühl verlässt: Eine starke Stahlindustrie, die sei für jedes Land wichtig, deklamiert er immer wieder und stößt eine Politik an, die vielleicht Stahlproduzenten gefallen mag, aber kaum der wirtschaftlich viel bedeutenderen verarbeitenden Industrie, die von billigerem ausländischem Stahl profitiert - und dann herrscht Verwunderung, wenn zum Beispiel Ford seine Investitionen zurückfährt. Die Landwirtschaft hat der Don auch nicht auf dem Schirm und reagiert mit Empörung, wenn miese Umfragezahlen aus Iowa publik werden...

    Aber Donalds vorsintflutliche Vorstellungen sind halt nicht zu erschüttern, er träumt in der Wirtschaftspolitik von rauchenden Schloten, hat die Navy erst kürzlich erneut angewiesen, neue Flugzeugträger doch bitte mit Dampfkatapulten auszustatten; die Admiralität biegt sich wie Brezeln ob der beknackten Vorstellungen des Commanders in Chief.

  • Nahost-Konflikt - DEMs sprachlos - Sanders warnt

    gruener (Luddit), 22.06.2019 04:58, Antwort auf #82
    #83

    gestern hätte es fast geknallt. warum auch immer trump die notbremse gezogen hat ... er hat sie gezogen!

    info-technisch ist all dies an den demokraten vorbeigeggangen - zumindest mailtechnisch.

    sie gaben gestern lediglich empfehlungen ab, wie man gut und vor allem korrekt gekleidet den nahenden feiertag übersteht: Be the best-dressed at the BBQ this July 4... - notfalls nehme ich halt das oliv-grüne!

    mehr kam da nicht - kein einziges wort zu trump und den iran.

    *****

    sanders hingegen hat sofort per mail reagiert - mit klaren, unmissverständlichen worten: We cannot allow Donald Trump to decide to start a war with Iran when he feels like it.

    Mark my words. A war in Iran would make the Iraq war look like a walk in the park. It would be an unmitigated disaster.

  • RE: Nahost-Konflikt - DEMs sprachlos - Sanders warnt

    drui (MdPB), 22.06.2019 12:17, Antwort auf #83
    #84

    Ich bin wirklich froh, in keinerlei politischem Newsletter zu sein. Möchte ich von jedem der Hundert demokratischen Präsidentschaftskandidaten zu jedem politischen Thema eine tägliche Mail? Eher nicht. Von daher habe ich einen anderen Eindruck: Alle demokratischen Kandidaten lehnen Militärschläge gegen den Iran ab, alle haben das gestern kommuniziert, alle wissen, dass Trump und va. sein Hardliner Bolton den Konflikt selbst provoziert haben mit dem Aufkündigen des Atomabkommens.

    Das Problem von Bernie ist, dass er derzeit viele progressive Anhänger an Elizabeth Warren verliert und die ihn in einigen Umfragen überholt hat. Sie war und ist wie er stets gegen Militärschläge in Irak, Iran und im Jemen und auch in sozialen Fragen auf einer ähnlichen Linie, auch was die Zerschlagung von Banken oder Techkonzernen und das Ablehnen von Großspendern angeht, rhetorisch aber vorsichtiger und anschlussfähiger für moderate Demokraten, zudem jünger und weiblicher. Da Sanders und Warren ähnliche Wähler ansprechen, wird sich zwischen den beiden wohl entscheiden, wer den progressiven Gegenpart zu Biden spielen wird, der zunehmend entzaubert wird. Mit Harris und Buttigieg im Hintergrund, die bei Debattenerfolgen und größerer Bekanntheit als Kompromisskandidaten nach vorne kommen könnten. Bei der derzeitigen Lage sehe ich Bernie als den Kandidaten unter unseren fünf, der faktisch die geringsten Chancen auf den Präsidentenjob hat, wenn er sich nicht schon in den ersten Primaries klar gegen Warren behaupten kann. Buttigieg sehe ich war auch als relativ chancenlos an, aber eher, weil er noch so jung und mit wenigen Erfahrungen behaftet ist, in 8 Jahren kann das schon anders aussehen.

  • State of the Race: Race / Triggerfinger

    Wanli, 23.06.2019 20:42, Antwort auf #84
    #85

    Da Sanders und Warren ähnliche Wähler ansprechen, wird sich zwischen den beiden wohl entscheiden, wer den progressiven Gegenpart zu Biden spielen wird, der zunehmend entzaubert wird.

    Das Erstaunliche an Biden ist ja, dass er im Vergleich zu den übrigen Kandidaten nur wenige öffentliche Auftritte absolviert - gut, er muss seinen Namen nicht mehr bekannt machen, aber es fällt schon auf, dass er im Gegensatz zur innerparteilichen Konkurrenz in den letzten Wochen große demokratische Events in Kalifornien oder Iowa ausließ.

    Lässt er sich in der Öffentlichkeit blicken, dann erweckt er gelegentlich den Anschein, nicht mehr so ganz auf der Höhe zu sein. Einen entsprechenden Clip der Daily Show habe ich vor einer Weile bereits gepostet; jüngst war Joe dann bei "The View" zu Gast, einer freundlichen Fernsehplauderrunde, bei der jetzt keine messerscharfen Nachfragen zu erwarten waren. Die New York Times war etwas enttäuscht, da es Biden der Meinung der Redakteure zufolge zu selten gelang, klar und verständlich für seine Kandidatur zu werben.

    At times, Biden seemed inarticulate, rambling and stumbling over his words. There was no discussion about policy. People who like Biden will come away still liking him. People who were waiting for more might come away disappointed. [...]

    This was about as unchallenging an interview as Biden could expect and he could have prepared and delivered clear, definitive answers that didn’t involve litigating Senate procedure. And that’s just not what he did.

    Having said that, the appearance also illustrated the core reasons why Biden is an appealing candidate to many people — his bear hug of the Obama administration’s record on policy and ethics, for one, and his richly emotional comments about his son, Beau.

    https://www.nytimes.com/2019/04/26/us/politics/biden-the-view.html

    Jetzt ein echter Fauxpas der Sorte, für die Biden auch schon seit vielen Jahren bekannt ist: Joe wollte betonen, er habe im Senat auch mit Leuten zusammenarbeiten können, mit denen er politisch nicht auf einer Linie gewesen sei - gut und schön.

    Zur Veranschaulichung verwies er dann aber nicht auf irgendwelche Republikaner, sondern ausgerechnet auf zwei traditionelle südliche Demokraten: emphatische Anhänger der Rassentrennung, die Schwarze gern als "minderwertige Rasse" bezeichneten und denen auch die ein oder andere Gewaltfantasie Afroamerikaner betreffend nicht fremd war. Mit denen habe man "zivilisert" zusammenarbeiten können. Einer von ihnen, so Biden, habe ihn auch immer respektvoll "Son" genannt, nie dagegen "Boy". Jedem Amerikaner ist dabei natürlich klar, wen solche Südstaatenrassisten gern mit dem Begriff "Boy" herabwerten - schwarze Männer nämlich.

    https://www.electoral-vote.com/evp2019/Pres/Maps/Jun21.html#item-5

    Alles in allem eine sehr unglückliche Darstellung von Bidens Behauptung, er könne auch mit Andersdenkenden zusammenarbeiten. Viele fragen sich schon, warum Obamas Vize noch vor kurzem den Donald angriff für dessen Behauptung, in Charlottesville habe es "fine people" auf beiden Seiten gegeben, und dann jetzt vom zivilisierten Umgang mit Erzrassisten schwärmt.

    -----

    Harris und Buttigieg im Hintergrund, die bei Debattenerfolgen und größerer Bekanntheit als Kompromisskandidaten nach vorne kommen könnten.

    Das ist im Moment wohl ihre Rolle im Vorwahlkampf: Einspringen zu können, falls Bidens Stern sinkt. Da verwundert es auch nicht, dass die drei Kandidaten, die am meisten vom Geld reicher Großspender profitieren, eben Biden, Harris und Buttigieg sind.

    While they haven't decided on a favorite, many financiers have put their resources behind former Vice President Joe Biden, Sen. Kamala Harris of California and South Bend, Indiana, Mayor Pete Buttigieg.

    https://www.msn.com/en-us/finance/markets/biden-harris-and-buttigieg-rack-up-big -money-support-as-2020-democrats-battle-for-donors/ar-AADgKRm

    Besides the Biden rivals [Sanders, Warren und weitere Linke], you also have the potential Biden replacements, Kondik said: “those who seek to supplant Biden as a candidate who can rally the more moderate/older elements of the party.”

    These campaigns differ in how they can distinguish themselves from the former veep. But they are similar in that they often offer a history-making opportunity for diversity (against not only Biden but Trump) and, while they bill themselves as progressive, they have some things in their records that make the die-hard progressives (the Warren and Sanders fans) skeptical.

    Harris and Buttigieg are the highest-polling candidates who would fit this bill.

    https://www.vox.com/2019/6/21/18683892/2020-election-democratic-presidential-can didates-who-will-win

    Dummerweise hat Buttigieg, der in den letzten Monaten sehr viel positive Publicity generieren konnte, jetzt auch eine echte Bewährungsprobe am Hals: Als Bürgermeister von South Bend hatte er einst den beliebten afroamerikanischen Polizeichef der Stadt entlassen, weil der mit etwas fragwürdigen Methoden versuchte, den Rassismus der eigenen Officers zu bekämpfen; der Schwarzenanteil in der lokalen Polizei sank während seiner Amtszeit von zehn auf fünf Prozent, Fehlverhalten der Polizisten gegenüber schwarzen Bürgern - immerhin gut ein Viertel der Einwohnerschaft, dazu kommen noch 14% Hispanics - wurde eher lax verfolgt. Am letzten Sonntag nun erschossen zwei bereits in der Vergangenheit durch überhartes Vorgehen gegen Schwarze auffällig gewordene Beamte einen 54-jährigen Afroamerikaner.

    Buttigieg räumt Fehler ein, sucht nun auch den Dialog und leitete Maßnahmen in die Wege, um solche Polizeiwillkür in Zukunft zu verhindern, aber South Bends Schwarze reagieren ausgesprochen wütend.

    “You running for president and you expect black people to vote for you?” a black woman asked him.

    “I’m not asking for your vote,” Buttigieg said.

    “You ain’t gonna get it either,” the woman shot back.

    https://www.politico.com/magazine/story/2019/06/22/pete-buttigieg-police-shootin g-227206

    https://www.vox.com/2019/6/22/18713536/pete-buttigieg-south-bend-police-shooting -2020-south-carolina

    Die jüngste Umfrage in South Carolina, dem ersten Vorwahlstaat, in dem Afroamerikaner eine Mehrheit der Wähler darstellen werden, hatte Buttigieg noch Hoffnung gemacht, seinen Status in dieser Wählergruppe ausbauen und bei Gelegenheit vielleicht Bidens Mantel des moderateren Kandidaten übernehmen zu können (Biden 37 / Warren 17 / Buttigieg 11 / Harris, Sanders 9 / Booker 5 / O'Rourke 4); jetzt muss der ohne Zweifel talentierte Nachwuchspolitiker erstmal zeigen, ob er einer ernsthaften Krise gewachsen ist.

    https://www.postandcourier.com/politics/warren-buttigieg-surge-in-sc-democratic- presidential-poll-as-biden/article_0a351cee-8f77-11e9-a29c-9fe60d10303b.html

    EDIT

    Schnell noch eine Bemerkung zu grueners Post:

    gestern hätte es fast geknallt. warum auch immer trump die notbremse gezogen hat ... er hat sie gezogen!

    In der Tat die erste Entscheidung Drumpfs in seiner ganzen Amtszeit, die ich für richtig halte. Gut, dass er da den Einflüsterungen der Boltons um ihn herum widerstanden hat.

    Wenn man danach über "olivgrüne" Demokraten schreibt, sollte man aber doch bedenken, dass das ganze derzeitige Säbelrasseln nur stattfindet, weil der Donald und seine Crew das über Jahre von Obama, Steinmeier und Außenpolitikern weiterer Nationen mühsam ausgehandelte Abkommen mit dem Iran einseitig aufgekündigt hatte, gegen den Widerstand der Demokraten.

    Eine Krise erst zu schaffen, um sie dann (zumindest vorläufig) beizulegen - seriöse Friedenspolitik ist das wohl kaum...

    EDIT 2

    Bidens Außendarstellung wirft gewisse Zweifel auf, aber bald werden wir etwas klarer sehen: Bei den anstehenden Debatten wird er als Frontrunner wohl ordentlich ins Kreuzfeuer genommen werden:

    Multiple candidates who are set to debate him next week are expecting both Kirsten Gillibrand and Kamala Harris to go after his flip-flop on the Hyde Amendment, Harris to attack him on his criminal-justice record, Bernie Sanders to criticize his ‘middle-ground’ plans, and Pete Buttigieg to knock him in his signature generational terms. On both nights, they suspect, candidates will bring up Biden’s recent comments about working with segregationist senators. And Biden is preparing for all of it.

    https://politicalwire.com/2019/06/23/democrats-debate-prep-gets-real/

  • Bühne frei

    Wanli, 24.06.2019 22:04, Antwort auf #85
    #86

    So, die Woche der ersten Fernsehdebatte ist angebrochen; am Mittwoch und Donnerstag geht's los. Wer mehr Infos braucht, wird zum Beispiel hier fündig; NBC wird die Debatten auch streamen, nehme ich an:

    https://www.nbcnews.com/politics/first-democratic-debate-2020-election

    Und Debatten im Verlauf der Vorwahlen können durchaus etwas bewegen, vor allem dann, wenn sie stattfinden, bevor viele Wähler sich wirklich eine Meinung gebildet haben. Das ist - ganz nebenbei - ein Unterschied zu den Fernsehdebatten zwischen Amtsinhaber und Herausforderer im Herbst 2020 - hier haben die meisten Zuschauer in der polarisierten politischen Landschaft der USA längst ihr Team gewählt und schauen eher zu, um ihren jeweiligen Champion anzufeuern.

    Bei Vorwahldebatten ist das anders: Die meisten Demokraten mögen (fast) alle PolitikerInnen auf der Bühne, alle tragen das Trikot des eigenen Teams, da sind deutlichere Meinungsumschwünge möglich.

    Verkompliziert wird das Ganze allerdings dadurch, dass weitaus weniger Menschen die ganzen Debatten anschauen, ein wesentlich größerer Anteil des Wahlvolks sieht dagegen nur die Berichterstattung über die Debatte. Es kommt also auch darauf an, wen die Medien zum Sieger respektive Verlierer erklären, welche Momente in Endlosschleife gezeigt werden. Diverse Outlets, CNN in vorderster Front, neigen zudem dazu, weniger über die Positionen der Kandidaten aufzuklären, sondern vor allem über "Gewinner", "Verlierer", "sympathisches Auftreten" zu sinnieren - nicht optimal im Sinne eines sinnvollen demokratischen Wettstreits um den zukünftigen Kurs einer Partei, aber so ist es halt. Alles hier Ausgeführte und noch mehr zur Wirkung von Debatten hier:

    https://fivethirtyeight.com/features/what-we-know-about-the-impact-of-primary-de bates/

    Ein schon jetzt überstrapazierter Begriff, der rund um die Debatten aber wieder inflationär gebraucht werden wird, ist der der "Wählbarkeit" (electability). Demoskopen ermitteln immer wieder, dass die demokratische Basis so vergnatzt ist angesichts des (2016 ziemlich unerwarteten) Triumphes Drumpfs, dass ihr primäres Anliegen ist, diesen aus dem Weißen Haus zu jagen.

    The most important factor in the 2020 Democratic presidential primary is also the most unknowable: Electability.

    Unlike primary voters in every other recent presidential election, Democrats are still so rattled by the 2016 election that they keep telling pollsters they'll vote for whichever candidate they think has the best chance of beating President Donald Trump, whether or not they like that contender most.

    The problem is that no one, whether it's the voters or the professional prognosticators, can predict the future enough to figure out who it will take to beat the president some 500 days from now.

    “Electability is in the eye of the beholder," said Patrick Murray, who runs the well-respected Monmouth University poll. "Voters are not very good at predicting electability...It really is ill-informed, but we know that it's not facts —but perception — that drive voter behavior."

    Es gibt dazu auch eine ganz interessante Erhebung eines Umfrageinstitutes, bei der die befragten Demokraten zunächst ganz traditionell angeben sollten, wem sie momentan ihre Stimme geben würden; dann wurden sie gefragt, wen sie wählen würden, wenn sie die Garantie hätten, dass diese(r) Kandidat(in) dann auch die Wahl gegen Drumpf gewinnt. Und da zeigen sich durchaus kleine Unterschiede:

    Die Wähler tendieren also eher zur scheinbar sicheren Wahl, dem weißen Mann mit Erfahrung im Weißen Haus: Joe Biden, obwohl so einige tief in ihrem Herzen eigentlich eher Lust auf einen dezidiert Linken, eine Frau oder einen charismatischen Schwulen hätten.

    Diese Einschätzung mag natürlich Quatsch sein: 2008 entschieden sich die Demokraten gegen die Veteranin Clinton, Ehefrau des immens populären Bill, und für einen schwarzen (unwählbar), intellektuellen (grusel) Newbie. Der absolvierte dann zwei Amtszeiten. Die GOP legte sich 2012 ohne große Begeisterung auf den distinguierten Businessmann mit den grauen Schläfen und dem Kinn wie aus Marmor gemeißelt fest, 2016 auf einen vulgären Clown mit schütterem Haar, dessen Wahlniederlage vorprogrammiert schien. Wenn man den demokratischen Vorwählern also einen Tipp geben könnte, dann wäre es wohl, einfach ganz nach dem eigenen Geschmack abzustimmen.

    https://www.nbcnews.com/politics/2020-election/electability-eye-beholder-what-he ll-do-we-actually-know-about-n1020576

    Die Vorstellung, ein Biden sei jetzt ganz besonders erfolgsversprechend gegen den POTUS, wird natürlich auch von manchen Medien befeuert, die oft nach den gleichen Deutungsmustern operieren wie die Wähler selbst: weißer, politisch nicht zu linker Mann gut, schließlich gewinnt bestimmt die Wahl, wer dem Wahlvolk nicht zu viel Veränderung zumutet... Ausgeblendet wrd dabei, dass bei den Midterms 2018 ein ziemlich bunter Haufen demokratischer KandidatInnen gewinnen konnte.

    Citizens are unlikely to develop their sense of electoral practicality simply from their own intuition. The messages that they receive from party leaders and the news media—both in interpreting the results of previous elections and in making predictions about future contests—are critical in shaping their perceptions of political reality. Given the content of the information environment in which most Democrats have spent the past three years, we shouldn't be surprised that many of them currently view Joe Biden, rightly or wrongly, as their surest bet to eject Donald Trump from the White House.

    http://www.honestgraft.com/2019/05/where-do-voters-get-their-ideas-about.html

    The real campaign plays out in Manhattan and Washington television studios. Cable news outlets (especially) make every effort to push the ‘campaign’ into television studios and away from ‘the campaign trail.'

    https://www.bostonglobe.com/opinion/2019/06/24/how-media-will-pick-next-democrat ic-presidential-candidate/SW99bqSKlfItbXZPfG6B8M/story.html

    Es wird bei den Debatten für Biden darum gehen zu zeigen, dass er wirklich die Austrahlung hat, die ihn zum aussichtsreichsten Gegner Trumps machen könnte; die Herausforderung für seine Gegner besteht darin zu verdeutlichen, dass sie charismatisch sind und inhaltlich so aufgestellt, dass man ihnen zutraut, eine Mehrheit aller Amerikaner für sich einzunehmen.

    EDIT

    Die New York Times stellt demokratischen Kandidaten Fragen unter anderem zu ihrem politischen Idol. Mal ehrlich: Wenn ich ein Nischenkandidat mit maximal einem Prozent in den Umfragen bin, dann lass ich mir doch eine interessantere Antwort einfallen als "Abraham Lincoln"? Nö, natürlich nicht; auch Pete und Beto nennen Abe. Bernie wählt Martin Luther King, Liz Präsident Roosevelt (den Republikaner), Klobuchar überrascht mit Mondale, Gillibrand und Harris auch mit originellerer Wahl. Biden nimmt nicht teil - soll ja nicht in Stress ausarten, so ein Vorwahlkampf.

    https://www.nytimes.com/interactive/2019/us/politics/hero-democratic-candidates. html

  • Strawpoll: Strohfeuer?

    Wanli, 25.06.2019 21:00, Antwort auf #86
    #87

    Am Vorabend der Debatte veröffentlicht die Organisation von etwa 7 Millionen tendenziell eher linker demokratischer Aktivisten, MoveOn.org, den Straw Poll ihrer Mitglieder deren Vorwahl-Präferenzen betreffend. Der große Gewinner vor vier Jahren war Bernie Sanders, für den damals 78% der Teilnehmer stimmten und für den die Organisation in der Folge eine Wahlempfehlung abgab.

    https://en.wikipedia.org/wiki/MoveOn#2016_election_actions

    Das Bild ist momentan ein etwas anderes:

    https://front.moveon.org/elizabeth-warren-in-first-place-bernie-sanders-in-secon d-in-moveons-latest-member-straw-poll%E2%80%A9/

    Einschränkend ist natürlich zu sagen, dass sich bei MoveOn sicher nicht zu viele eher "moderate" Demokraten tummeln, dagegen viele Politik-Nerds; man sollte die Zahlen nicht mit einem Stimmungsbild der ganzen Parteibasis verwechseln. Trotzdem ein Indiz, dass Warrens Kurs in unserem Markt nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Mal sehen, ob sie ihr aktuelles Hoch zunächst morgen Abend und dann über die kommenden Monate bestätigen kann.

    Genauere Zahlen zu einzelnen Staaten findet man hier:

    https://front.moveon.org/moveon-2020-straw-poll-results-june-2019/

    Kamala Harris' Zahlen unter den Aktivisten in ihrem Heimatstaat Kalifornien wie auch in Iowa, New Hampshire, South Carolina und Nevada sind übrigens grauenhaft, überall der fünfte Platz bei den Erstpräferenzen; die Senatorin braucht übermorgen dringend einen Erfolg.

    EDIT

    MoveOns Zahlen stehen übrigens im klaren Gegensatz zu den Erkenntnissen, die Politikwissenschaftler Seth Masket im Gespräch mit liberalen Aktivisten in den frühen Vorwahlstaaten gewonnen haben will: Er vermeldet, Cory Booker sei in diesen Kreisen - wie auch Harris - recht beliebt, wovon im Straw Poll (und auch in herkömmlichen Umfragen) aber wenig zu sehen ist. Sonderbar.

    https://fivethirtyeight.com/features/cory-booker-is-trailing-in-the-polls-but-so me-democratic-activists-really-like-him/

  • RE: Strawpoll: Strohfeuer?

    drui (MdPB), 25.06.2019 22:36, Antwort auf #87
    #88

    Kamala Harris' Zahlen unter den Aktivisten in ihrem Heimatstaat Kalifornien wie auch in Iowa, New Hampshire, South Carolina und Nevada sind übrigens grauenhaft, überall der fünfte Platz bei den Erstpräferenzen; die Senatorin braucht übermorgen dringend einen Erfolg.

    Bislang sieht es nicht gut für sie aus, aber die Debatten kommen erst noch, sie liegt gut bei 2nd, 3rd choice und hat viel Potential nach oben. Sollte Biden - aus welchen Gründen auch immer - auseinanderfallen oder ein Fettnäpfchen eintreten, dass  sein Teflon zerstört, könnte Harris die Stimmen der Schwarzen und Südstaatler einsammeln, die bislang Biden bekommt. Sollte Booker nach der 2. Debatte hinschmeißen, könnte sie davon profitieren, und natürlich bräuchte sie eine viel höhere Bekanntheit bzw. etwas, was sie in die Medien bringt, die sie bislang komplett ignorieren. Sie ist wohl auch nicht der Typ, der sich aufdrängt oder Aufsehen erregt. Abschreiben würde ich sie jetzt noch nicht.

  • Wortgefecht

    Wanli, 26.06.2019 13:02, Antwort auf #88
    #89

    Sollte Biden - aus welchen Gründen auch immer - auseinanderfallen oder ein Fettnäpfchen eintreten, dass  sein Teflon zerstört, könnte Harris die Stimmen der Schwarzen und Südstaatler einsammeln, die bislang Biden bekommt.

    Sicher, nicht nur die Natur verabscheut ein Vakuum. Sollte Biden stolpern, dann wird der zentristische Part der Partei sicher nicht einfach zuschauen, wie Sanders und Warren die Kandidatur unter sich ausmachen.

    Ich werde die heutige und morgige Debatte wohl nicht so bald sehen, da beruflich momentan zu viel zu tun ist. Werde mir natürlich die ein oder andere handelsübliche Zusammenfassung gönnen, letztendlich also das Gleiche tun wie auch viele demokratische Vorwähler. Nächste Woche wird das Versäumte dann vielleicht nachgeholt. Für Trader, die sich den Spaß live geben wollen oder demnächst auf Youtube, gibt es hier eine kleine Anleitung:

    Young or old - Does age matter?

    • There is a 40 year age gap between the youngest candidate (Buttigieg at 37) and the oldest candidate (Sanders at 77 years). But does this impact how they perform on stage? Do Biden (76) and Sanders look ‘too old’ and lacking in energy, or do they look like they have a maturity and wisdom that the younger candidates lack? If elected, Sanders or Biden would be the oldest President when taking office in U.S. history, while Buttigieg or Gabbard (currently 38) would be the youngest.

    Insider or outsider - Does experience matter?

    • Some of the candidates have no political experience whatsoever, like former tech-entrepreneur, Andrew Yang. Some have prosecutorial experience, like Senators Kamala Harris and Amy Klobuchar, while others have executive experience, like Former Colorado Governor and Denver Mayor, John Hickenlooper and former Mayor of Newark, Senator Cory Booker. And then there’s frontrunner Joe Biden, who was President Barack Obama's vice president for eight years following a 36-year-long career in the US Senate.

    • Something to bear in mind: a ‘sitting’ U.S. Senator has never beaten a President running for re-election.

    Staged or Impromptu - Can the candidates think on their feet?

    • In one of the 2016 Republican Presidential debates, Former New Jersey Governor and then-Presidential hopeful, Chris Christie, accused his opponent, Marco Rubio, of giving ‘canned responses’ and delivering "a memorized 25-second speech" every time he was asked a question. So, do the Democrats on stage answer the questions asked or give the standard ‘stump’ speech? It’s a matter of showing not just mental dexterity but also of being authentic.

    Style or substance - which one wins?

    • Senator Elizabeth Warren ‘has a plan’… for everything. The Massachusetts senator has the reputation as the party’s resident ‘wonk’ (aka policy nerd), continuously churning out comprehensive policy proposals. And although she’s not the only major candidate running with an expansive body of White Papers behind her, she is the candidate offering the most detailed proposals, spanning the broadest swathe of issues. But how will this wonkishness translate on the debate stage, with the soundbite time limits given to each candidate to explain their views?

    • Remember: during his 1988 run against future President George H.W. Bush, former Massachusetts Governor, Michael Dukakis’s, wonkish answer for objecting to the death penalty was said to destroy his ‘humanity’.

    Liberal, progressive or (democratic) socialist?

    • Do labels come up? And how much consensus is there around what such terms as 'socialist' actually mean? Senator Bernie Sanders is the only candidate who identifies as a ‘democratic socialist’. But from Medicare-For-All to the Green New Deal, a growing number of candidates are supporting more ‘socialist’ policies, although remain keen to distance themselves from the label, like Elizabeth Warren who insists: I am a “capitalist to my bones.” So how will the candidates identify themselves on debate night?

    • It is worth noting that socialism has become far less scary to younger voters, who haven't come of age in the context of the Cold War. According to a recent Gallup poll, among Americans aged 18 - 29, 51% had positive feelings about socialism, compared to just 45% who felt the same way about capitalism. Will this impact how the candidates portray themselves? Whose votes are they focusing on winning?

    Who delivers the winning soundbite?

    • It's an overcrowded field of nominees. So who will deliver the soundbite that goes viral - the Ronald Reagan ‘there you go again’ comment to Jimmy Carter, or the Trump ‘Make America Great Again’ slogan - that makes them stand out amongst the crowd?

    Any gaffes?

    • The first rule for these debates is: don’t score an ‘own goal’. Gaffes can seriously impact a race and shift momentum. So, do any of the candidates appear bored? Like President George H.W. Bush when he was ‘caught’ looking at his watch while debating Bill Clinton in 1992, just at the moment he was asked whether the national debt had affected him personally…. Does anyone look uncomfortable? Like Nixon who appeared sweaty and unshaven during the first televised debate with John F. Kennedy? People who listened to the debate on the radio that night thought Nixon had won, while those who watched it on TV thought Kennedy had won. Who knew? Appearances matter.

    Is Trump on stage?

    • He won’t be there, but his presence will be felt. Everyone wants to appear tough on Trump, but how far will they go? Who will support impeachment? Senator Harris, who believes impeachment proceedings should begin, recently referred to this as the ‘existential question’ within the Democratic party.

    • Note: President Trump has said he may live-tweet the debates… will he end up capturing the media’s attention and redirecting focus to his own narrative?

    Civil discourse or Game of Thrones?

    • Is this a lively but respectful debate, or all-out warfare amongst the candidates? Do the attackers look desperate or strong? Do the attacked look weak or handle the assault with aplomb? The ability for a candidate to handle an attack could be important to Democrat primary voters if you consider Trump’s attack on ‘low energy Jeb’ Bush, ‘little Marco’ Rubio, ‘lyin Ted’ Cruz and ‘crooked Hilary’ Clinton.

    • It’s unfortunate that this may matter, but then Presidential politics has been a rough ‘sport’ from the start. In 1800 Thomas Jefferson’s supporters said John Adams acted like a hermaphrodite, while Adam’s supporters contended that under a Jefferson presidency “murder, robbery, rape, adultery, and incest would be taught and practiced’.

    Do you switch to Netflix?

    • The 2016 Republican primary debate, featuring 10 candidates, was the most watched ever with 24 million viewers. How will these debates compare? Do the candidates keep you engaged, or is the whole thing a bore? At the end of the day, that’s what matters.

    https://thevennmedia.com/blog/debatenightcheatsheet

    The Onion hat recherchiert und herausgefunden, dass die meisten Bürger zwar beteuerten, eine sachliche, auf Inhalte konzentrierte Veranstaltung zu wünschen, ihnen (und zweifelsohne auch vielen Medien) der Sinn aber nach etwas ganz anderem stehe:

    Claiming to desire a measured, civilized discussion bringing to light the pros and cons of each candidate, thousands of Americans hungry for an unhinged trainwreck lied that they just want “a substantive, issues-oriented Democratic debate,” sources confirmed Tuesday.

    “I want to hear from each of the candidates and learn their stance on important matters,” said the thousands of deceitful Americans eagerly waiting to see the 23 Democratic candidates for president tear each other limb from limb in vicious smear campaigns and personal attacks under the guise of self-promotion and campaign strategy.

    https://politics.theonion.com/i-just-want-a-substantive-issues-oriented-democrat ic-1835835354

    Derweil versucht Donalds Stab, den Boss dazu zu bringen, das zu tun, was Präsidenten halt tun: Man lässt die Opposition streiten und demonstriert gleichzeitig beim G20-Gipfel, dass man Staatsmann ist und das Wohl des Landes im Blick hat. Wird wohl nicht funktionieren; der Donald hat bereits angekündigt, die Debatten mit eigenen Tweets begleiten zu wollen.

    Republican strategists say the timing offers Trump a rare opportunity to rise above the fray of national politics as Democrats battle with each other and court the party's liberal base voters. But those strategists also predict that Trump – who has already toyed with the idea of live-tweeting his reaction to the debates – will be unable to resist the temptation to weigh in.

    https://eu.usatoday.com/story/news/politics/elections/2019/06/26/democratic-deba te-donald-trump-able-stay-sidelines/1556960001/

    EDIT

    Ein Überblick über die unmittelbaren Ziele der Politiker auf der Bühne und die zu erwartende Dynamik:

    http://nymag.com/intelligencer/2019/06/who-needs-to-do-what-in-the-first-democra tic-debate-of-2020.html

  • RE: Wortgefecht

    Wanli, 27.06.2019 08:49, Antwort auf #89
    #90

    Nur fünf Artikel quergelesen (vox, slate, New Republic, The Hill und 538); unterm Strich hält man die Debatte gestern für informativ, Lob für eine starke Leistung erhalten Booker, Castro und Warren sowie überraschenderweise de Blasio, weniger begeistert ist man von O'Rourkes Auftritt.

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