Wer glaubt hier an die GroKo?

Beiträge 1 - 10 von 40
  • Wer glaubt hier an die GroKo?

    Mühle zu, 09.12.2006 18:13
    #1
    Es gibt hier im forum eine reihe von leuten, deren einschätzung mich sehr interessieren würde:
    Kommt die große koalition wirklich? -

    Ich selbst habe den folgenden eindruck:
    Beide parteien wollen eigentlich nicht koalieren, was man sich aber nicht offen zu sagen traut. Das scheitern der gespräche - wenn auch unter umständen erst im jänner oder gar feber - scheint mir irgendwie vorprogrammiert. So lange könnte es deshalb dauern, weil keine der beiden parteien vor dem hintergrund der dann wohl bald fälligen neuwahlen dafür verantwortlich gemacht werden will.

  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    quaoar, 09.12.2006 19:00, Antwort auf #1
    #2
    > Kommt die große koalition wirklich? -

    Ich denke, das ist die Frage, die auch der größte Weise derzeit nicht beantworten kann.

    Offensichtlich haben beide Parteien auch den Absprung in Neuwahlen im Auge. Beschlossen und besiegelt ist die GroKo sicher nicht. Andererseits, scheint mir, ist die GroKo auch in keiner der beiden Parteien abgeschrieben. Sie ist für Politkier eben doch sehr reizvoll: Eine Mehrheit im Parlament von fast 70 Prozent, damit kann man machen, was man will. Alles wird intern ausgeschnapst, es gibt überhaupt keinen Gegenpart mehr. (Das ist das Fatale an der GroKo.)

    Dann ist auch völlig offen, wer die Neuwahlen gewinnen würde. Das ist kaum abzuschätzen und jedenfalls für beide ein Risiko. Poltiker gehen Risiken aber eher ungern ein. (Das ist auch gut so.)

    Jeder versucht halt, seine Position zu verbessern, den Anderen unter Druck zu setzen, die eigenen Handlungsspielräume zu erweitern und die des Gegners einzuengen. Ob die GoKo kommt, wird davon abhängen, wie dieses Match ausgeht.

    Wenn Schüssel kriegt, was er will, sowohl in der Sachpolitik wie auch personell (Grasser), wird die GoKo kommen. Weil Gusenbauer sich ausrechnet, dass er als Kanzler dann sowhl in der Regierung auf dem längeren Ast sitzt, wie auch für die nächsten Wahlen in der besseren Position. Siehe 86 bis 99.

    Der Preis wird aber hoch sein, vielleicht zu hoch. Gusi muss auch auf die eigene Partei und die eigene Klientel Rücksicht nehmen, und die will eine "andere Politik" sehen. Irgendwie muss er das erfüllen.

    Ich denke, es kann so oder so kommen. Es bestätigt sich einmal mehr, was der der Philosoph immer schon wusste: Alles fließt. Die Zukunft ist dem Menschen verschlossen.

  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    Blubb82, 09.12.2006 21:42, Antwort auf #2
    #3
    Ich nicht.Alles eine Frage der Darstellungsmöglichkeiten.
    Die SPÖ hat ein fertiges PR-Konzept zu Minderheitsregierung+Neuwahlen in der Schublade und die ÖVP Probleme sich bei einer GroKo neu zu präsentieren, die Variante Grasser spielt Gusenbauer als Vize an die Wand ist ja wohl nicht mehr realistisch.Dass Schüssel Sehnsucht nach seiner Rolle als 2.Geige wie mit Vranz und Klima hat ist auszuschliessen, Pröll ist (zumindest noch) zu riskant als VK und alle andern nicht zugkräftig genug.Die größte Entrüstung über die ÖVP ist auch wieder verflogen.

  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    quaoar, 10.12.2006 11:06, Antwort auf #3
    #4
    > die Variante Grasser spielt Gusenbauer als Vize an die Wand

    Wie meinst das? Meinst Du, Grasser als Vize würde Gusenbauer an die Wand spielen?

    > Die SPÖ hat ein fertiges PR-Konzept zu Minderheitsregierung+Neuwahlen in
    > der Schublade

    Fiktive PR-Konzepte haben sie wohl für alles Mögliche in der Schublade - klugerweise. Die Frage ist, ob die im Falle des Falles aufgehen, und in diesem Fall ist das Risiko sicher groß:

    1. Eine Mnderheitsreg. ist halt nur sehr eingeschränkt handlungsfähig, und ob man damit die gesetzten Erwartungen erfüllen kann, sehr fraglich.

    Das ist einmal aufgegangen, Kreisky 1970. Dazu muss man sich aber die speziellen Umstände von damals ansehen, und die sind diesmal nicht da. Ob das also nochmal klappt, ist alles andere sicher. An sich liebt Österreich solche "Experimente" nicht.

    2. Die Minderheitsregierung hängt auch an der Toleranz durch F plus G (beide) und ob's beide noch einmal machen, nach all dem Hin und Her, müsste erst noch geklärt werden. Leicht möglich, dass einer der beiden (und es genügt einer) dann meint, sinngemäß, "das Theater reicht jetzt" und "wir sind für sofortige Neuwahlen". Zumal ja sowohl F und G beu Neuwahlen ziemlich sicher gewinnen werden. Dann ist's mit der Minderheitregierung Essig.

    Fazit: Also scheint mir, die Perspektiven der S außerhalb der GroKo sind so rosig nicht, und all das ist jedenfalls mit erheblichen Risiken behaftet. Dagegen ist die GroKo die klar gemütlichere Variante.

    (Und Politiker sind ja an sich nicht sehr risikofreudig. Das ist ja auch gut so.)


  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    Blubb82, 10.12.2006 19:17, Antwort auf #4
    #5
    Einige in der VP haben dieses Szenario ja lautstark angedacht, der junge und dynamische KHG stiehlt dem Altsozi die Show, aber die KHG Opposition hat sich in der VP ja schon bemerkbar gemacht.
    Eine Minderheitsregierung würd so ziemlich gar nix zu Stande kriegen, doch für einige Monate kann man Blau-Grün-Orange mit kleinen Happen hinhalten, irgendeine Partei muss ja den Antrag stellen und das will niemand sofort übernehmen und dann als Arbeitsverweigerer dastehen, auch die Grünen sind da zurückgerudert.

    Gusenbauer hat nach harten Jahren endlich seine Nische gefunden und ein gutes Standing in der Bevölkerung, genauso wenig wie Schüssel wieder den kleinen 2.Mann spielen will sowenig will Gusenbauer seinen Weg als Mann der einfachen Leute, der aber nie vergisst zu zeigen dass er auch gscheit ist, wieder zu verlassen.
    Die wissen inzwischen schon wie man so eine Minderheitsregierung verkauft und wie man die Opposition unter Druck setzt, mit Hilfe der Medien.

  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    quaoar, 10.12.2006 22:29, Antwort auf #5
    #6
    Also, wenn ich das richtig verstehe: Du meinst, die S verhandelt nur noch auf eine Solbruchstelle hin, die ihr erlaubt, die GroKo-Verhandlungen elegant abzubrechen, um dann die Minderheitsregierung zu machen.

    Aber dann frage ich mich: Warum machen sie das nicht längst? Die Gelegenheiten dazu bieten sich ja täglich. Das Einfachste wäre eigentlich gewesen, die Rückkehr der V zu den Verhandlungen samt "Bedingungen", später "Prinzipien" genannt, einfach abzulehnen. Die Minderheitsregierung war ja schon fixiert. Warum haben sie's nciht gemacht?

    Warum haben sie nicht die schon mit F und G vereinbarte Pensionserhöhung beschlossen, und statt dessen die V-Z-Variante mitbeschlossen? Das wäre dochdie ideale Gelegenheit gewesen.

    Die eigentlich enorme Kompromissbereistschaft der S zeigt doch, dass sie, oder jedenfals Gusenbauer, Cap vielleicht weniger, unbedingt in die GroKo gehen wollen. Und es eigentlich eher an der V hängt, ob's dazu kommt.

    Und da scheint mir mittlerweile: Wenn Schüssel kriegt, was er will, und es sieht so aus, als würd er's kriegen, dann geht die V ebenfalls in die GroKo.

    Damit hat S die Perspektive, 86-99 zu wiederholen. V hat die Perspektive das zu verhindern: durch KHG als FM + VK, der das natürliche mediale Übergewicht des Kanzlers vieleicht egalsiseren kann. Ein offenes Match.

    Und inzwischen regiert man gemeinsam, was ja nicht ohne Reiz ist.

    Dagegen sind alle anderen Optionen ungemein riskanter. V riskiert, dass sie vorerst einmal aus der Regierung fliegen, und, wenn die S-Minderheitsvariante funtkioniert (a al Kreiskiy) das vielleicht lang so bleiben könnte. S riskiert, dass die Minderheitsregierung eben nicht funktioniert und nach 2 bis 3 Monaten mit einer blamablen Wahlschlappe endet, für Gusenbauer damit auch seine politische Karriere beendet ist.

    Da nimmt man doch, wenn's irgend geht, den bequemeren Weg - und der ist eben die GroKo.
  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    Mühle zu, 11.12.2006 09:07, Antwort auf #5
    #7
    > Einige in der VP haben dieses Szenario ja lautstark angedacht, der junge und
    > dynamische KHG stiehlt dem Altsozi die Show, aber die KHG Opposition hat
    > sich in der VP ja schon bemerkbar gemacht.
    > Eine Minderheitsregierung würd so ziemlich gar nix zu Stande kriegen, doch
    > für einige Monate kann man Blau-Grün-Orange mit kleinen Happen hinhalten,
    > irgendeine Partei muss ja den Antrag stellen und das will niemand sofort
    > übernehmen und dann als Arbeitsverweigerer dastehen, auch die Grünen sind
    > da zurückgerudert.
    >
    > Gusenbauer hat nach harten Jahren endlich seine Nische gefunden und ein
    > gutes Standing in der Bevölkerung, genauso wenig wie Schüssel wieder den
    > kleinen 2.Mann spielen will sowenig will Gusenbauer seinen Weg als Mann der
    > einfachen Leute, der aber nie vergisst zu zeigen dass er auch gscheit ist,
    > wieder zu verlassen.
    > Die wissen inzwischen schon wie man so eine Minderheitsregierung verkauft
    > und wie man die Opposition unter Druck setzt, mit Hilfe der Medien.
    >
    >

    Lieber blubb,
    ich hätte einige einwände:
    1) Grasser soll ja offenbar nicht övp-parteiobmann (das macht zunächst weiter schüssel, später pröll), sondern vizekanzler werden.
    2) Bei der minderheitsregierung bin ich mir nicht mehr sicher, ob sie von der fpö gestützt würde. Ich glaube eher, dass strache sofortige neuwahlen nach dem platzen der verhandlungen zwischen rot und schwarz fordern wird.
    3) Das gute standing von gusenbauer in den augen der bevölkerung sehe ich nicht. Meines erachtens hat er eine riesenchance vertan, als er den verhandlungsabbruch der övp nicht zur etablierung seiner minderheitsregierung nützte. Je länger jetzt die verhandlungen dauern, desto mehr wird ihm das auf den kopf fallen (vgl. die letzten nrwahlen, als die övp zunächst in lichte höhen stieg und von der absoluten träumte; je länger es dauerte, desto schlechter wurden die umfragewerte wieder).
  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    quaoar, 11.12.2006 10:08, Antwort auf #7
    #8
    > 2) Bei der minderheitsregierung bin ich mir nicht mehr sicher, ob sie von
    > der fpö gestützt würde. Ich glaube eher, dass strache sofortige neuwahlen
    > nach dem platzen der verhandlungen zwischen rot und schwarz fordern wird.

    Imo sehr wahrscheinlich. F ist die Partei, die bei Neuwahlen fast sicher besser abschneiden würde - durch das Zerbröseln der Z, wo einfach Stimmen zur F wandern.

    > 3) Meines erachtens hat er eine riesenchance vertan, als er den
    > verhandlungsabbruch der övp nicht zur etablierung seiner
    > minderheitsregierung nützte.

    Ich glaub, Gusenbauer wäre klug gewesen, möglichst rasch Neuwahlen anzusteuern, spätestens nach dem Verhandlungsbbruch im Gefolge der U-Ausschüsse. Da hätte er noch einigen Schwung aus der gewonnen Wahl in die nächste mitgenommen. Dieser Vorteil verflüchtigt sich mehr und mehr, mit jedem Tag, der vergeht. Die Idee mit der Minderheitregierung war ein Blödsinn, der nur weiter Zeit gekostet hat.

    Gusenbauer wird so mehr und mehr zum Gefangenen der damaligen Entscheidung, unbedingt auf die GroKo hinzuarbeiten. Derweilen vergeht die Zeit, und die arbeitet in diesem Fall für V.

  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    Hephaistos, 11.12.2006 14:32, Antwort auf #1
    #9
    naja... ob eine groko kommt ist wohl keine "glaubensfrage" :)

    es ist eine frage von zwängen und druck auf der einen und den möglichen alternativen auf der anderen seite.

    die verhandlungsdauer sagt meiner meinung noch nichts über das ergebnis aus. manche verhandlungen haben sich weit hingezogen...

    es ist noch zu früh um eine aussage über das ergebnis zu haben. (weihnachten ist weihnachten... aber kein maßstab für das scheitern einer koalition)

    welche motivation gibt es für eine groko:

    * breite mehrheit im parlament. damit kann man auch dinge im verfassungsrang angehen.

    * gnadenloses abstrafen der bevölkerung desjenigen der die verhandlungen abbricht.
    dies ist meiner meinng nach noch immer so, trotz der verhandlungsdauer (welche ja so lang noch nicht ist)

    die ÖVP hat das erkannt und genau dies hat sie wieder an den verhandlungstisch zurückgetrieben.

    auch die SPÖ hat es erkannt und ist, trotz forciertem ÖVP druck durch divese aktionen, nicht vom verhandlungstisch aufgestanden.

    die gelegenheit für neuwahlen wären bei verhandlungsabbruch der ÖVP wirklich günstig gewesen, das zeigt das die SPÖ im grunde an neuwahlen nicht interessiert ist.

    * das risiko für neuwahlen ist für die ÖVP (und die SPÖ) unvermindert hoch. es gibt keine garantien das es die SPÖ nochmal schafft und auch keine das die ÖVP nicht völlig abstürzt.


    die partei die es schafft der anderen den schwarzen peter des scheiterns des verhandlungen zuzuschieben verliert mit großer wahrscheinlichkeit diese neuwahlen.

    es gibt eigentlich nur ein einzigen grund der gegen eine groko spricht: schüssel.

    er macht eine gratwanderung bei der die ÖVP jederzeit abstürzen kann.
    und zwar durch äußere einflüsse ebenso wie durch einflüsse von innen. (was gern unter den tisch fallen gelassen wird weil die ÖVP ein homogenes ding mit nur einer stimme zu sein scheint... was sie aber nicht ist)

    was gibt es für die parteien für alternativen? und sind diese alternativen schlechter als eine groko?

    für die ÖVP heißt die alternative die nächsten wahlen zu gewinnen und darauf zu hoffen das es mit F oder G eine mehrheit gibt. aber ist da nicht der wunsch der vater des gedanken? wird die ÖVP dieses risiko eingehen? genau diese frage wird in einem wahlkampf die wähler zu ÖVP und SPÖ und weg von den kleinparteien treiben. am ende könnte es dieselbe situation wie jetzt geben.

    für die SPÖ heißt die alternative eine (instabile) minderheitsregierung zu formen oder die nächsten wahlen zu gewinnen.
    auch hier sind zuviele variablen und unbekannte als eine (abschätzbare) groko.

    eben diese "berechenbarkeit" der groko und das fehlen echter, sicherer alternativen erhöht die wahrscheinlichkeit für eine groko. (auch wenn alle bei den verhandlungen zeter und mordio schreien und sich dagegen wehren)

    solange sich keine andere alternative auftut und keiner der beiden parteien einen schweren fehler macht heißt es für mich immer noch die groko ist die wahrscheinlichste variante.

    lg

    heph
  • Re: Wer glaubt hier an die GroKo?

    Blubb82, 12.12.2006 11:21, Antwort auf #9
    #10
    Sicherheit ist schön und gut aber ein Verlust der "Marke"(wie das inzwischen anscheinend genannt wird) ist für eine Partei noch viel katastrophaler.Jetzt ist das Spiel natürlich so dass jeder es so gut wie es geht vermeidet als Spielverderber dazustehen.
    Mit der Zeit wird das aber zurückgehen und bevor nicht irgendwelche Finanzierungskonzepte diskutiert worden sind kann man leicht Konsens demonstrieren.Dass schau ich mir an wie Schüssel als Vizekanzler eine höhere Abgabenquote mitträgt die notwendig sein wird wenn man ein (wirklich) ausgeglichenes Budget + alle diskutierten Investitionen durchzieht.Dass es Leute in der ÖVP gibt die einen Kurswechsel sogar wollen ist klar aber ob die wirklich mitentscheiden ist zu bezweifeln solang Schüssel noch alles im Griff hat.
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