Durchgehend in dieser fatalen Tradition ist die Entformalisierung der Staatsräson, mit der auch Grundregeln des Anstands zur Disposition gestellt werden. Prinzipien müssen, so hatte es der darin immerhin ehrliche Metternich gesagt, drehbare Geschütze sein; die Legitimität ist also nichts ein für alle Male Feststehendes, sondern darf nach aktuellen Bedürfnissen im aufgewühlten Zeitlauf immer wieder neu aufgestellt werden. Der Konservative [sueddeutsche.de] reitet den Tiger der Revolution, bevor dieser ihn zerfleischt.
Das ist natürlich das Gegenteil von Republikanismus und insofern Signum und Symptom von historischen Übergangszeiten, über das man sogar historisch dissertieren, ja habilitieren könnte. Wer meinte, dass der Konservative, dieser Zweitgeborene der Revolution, ein Vertreter von festen Grundsätzen sei, hat also zu kurz gedacht. Grundsätze haben etwas Unhistorisches, fast Jakobinisches; der geschichtliche Prozess aber ist lebendige Bewegung, gemacht vom Menschen mit seinem Widerspruch. Es kommt eben immer auf den Kairos an, den Karl-Theodor zu Guttenberg [sueddeutsche.de] im Vorwort seiner Dissertation beschwört.
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<noscript> <iframe src="http://eu-pn4.adserver.yahoo.com/a?f=2023893432&pn=sz&p=suedpolit&c=h&l=CAD" width="300" height="250" marginwidth="0" marginheight="0" frameborder="0" scrolling="no"></iframe> </noscript>Und es ist schon toll, dass wir nun, zehn Jahre nach Casimir, Kanther und Kohl, schon wieder ein Virtuosenstück dieser gummiartig beweglichen und zugleich wetterfest tannenhaften aristokratischen Prinzipienstärke anstaunen dürfen. Nach der brutalstmöglichen Aufklärung kam die mühevollste Kleinarbeit elektronisch gestützter Textgenese, mit der mindestens zwei Grundregeln wissenschaftlichen Anstandes verletzt wurden: das Urheberrecht und die ehrenwörtliche Versicherung selbständiger Herstellung einer wissenschaftlichen Qualifikationsschrift. Dazu kommt jener dreiste Mut zur Unwahrheit gegenüber der Öffentlichkeit, der die bald eindeutig belegten Verfehlungen zunächst als "abstrus" und dann als unabsichtlich hinstellt. Möglicherweise kommt durch die Verwendung wissenschaftlicher Zuarbeiten aus dem Bundestag noch Amtsmissbrauch hinzu.
Gekrönt wird das Verhaltensmuster des putschistischen Regelverstoßes dadurch, dass der so überführte Edelmann sich nachträglich zum Herren des Promotionsverfahrens macht und seinen Doktortitel von sich aus ablegt. Der Große steht dabei im Sturm des Beifalls einer Menge, die, wie Professor Baring weiß, beim Wort "Fußnoten" fragt: Ach, werden jetzt auch Füße benotet? Dagegen wirken ein Universitätskanzler und ein in Urlaub gegangener Doktorvater mit ihren tüdeligen Prüfungsverfahren nur bürgerlich-grau und glanzlos. Das Stehende der Institution und ihres Ethos verdampft unter der Sonne ständischen Glanzes. Der Beifallumtoste mag kurz wackeln, aber vorerst steht er fest, weil jede und jeder, der ihm den entscheidenden Stoß versetzen würde, der wütenden Menge um ihn zum Opfer fallen müsste. Vielleicht ist diese geschichtliche Anpassungsfähigkeit an Zeitumstände das eigentliche Geheimnis achthundertjähriger Familiengeschichten.
Aber was unterscheidet solche Durchhaltekraft eigentlich noch von der Zähigkeit eines Silvio Berlusconi?
Nicht so pessimistisch, Wanli!
http://www.stern.de/politik/bayreuther-professor-nennt-guttenberg-betrueger-1657 523.html
http://www.oer4.uni-bayreuth.de/de/Lepsius_Oliver/index.html
Der Staatsrechtler Oliver Lepsius sagte der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», man fühle sich getäuscht. Nach der Aberkennung des Doktortitels prüft die Uni jetzt, ob der Minister die Hochschule bewusst getäuscht hat. Eine Kommission soll das Verhalten des Ministers bewerten. Der Ältestenrat des Bundestags will Mitte März über die Einleitung einer Überprüfung der Doktorarbeit entscheiden.
Ich gehe d´accord mit der Meinung zu Online-Umfragen, allerdings hat sich der Wind bei ihnen in den letzten Tagen gedreht und die Frage ist,ob auch die Tanker der repräsentativen Umfragen wenden werden?
Die Promoter Guttenbergs versuchen das Thema durch die Nachrichtenagenda zu peitschen.
http://maybritillner.zdf.de/ZDFde/inhalt/25/0,1872,8215001,00.html
Glaube nicht, dass es klappt!
Derweil können wir uns die Füsse vertreten in Berlin!
Die Zustände der Politik in Deutschland verkommen ins unerträgliche. Die BILD-Leser wollen einen adeligen Blenderkönig haben. Wenn wir uns das gefallen lassen, wenn ein Minister in Deutschland mit so einem Monsterplagiat durchkommen kann ohne zurückzutreten, ist es bald vorbei mit Wissenschaft und Politik in Deutschland.
Schicken wir Guttenberg zurück auf sein Schloß, zeigen wir dem Lügenbaron den Schuh!Treffpunkt: Samstag, 26. Februar 2011, 12:30 Uhr,
Potsdamer Platz, Berlin, an der historischen Ampel
Ende: Bundesverteidigungsministerium, StauffenbergstraßeBringt Transparente, Lügennasen und Extra-Schuhe mit!
http://frank.geekheim.de/?p=1541
"Fussnoten- werden jetzt auch Füsse benotet"
Arnulf Baring bei "Maischberger" am 22. Februar 2011
Die Parallele zu Silvio Berlusconi halte ich auch für notwendig. Natürlich ist dieser ökonomisch bedeutend potenter als Guttenberg. Aber während wir hierzulande jahrelang analysiert haben, dass sein Einfluss auf die Medien seine politische Machtstellung absichere, haben wir übersehen, dass die Mehrheit der Italiener bei freien Wahlen für ihn stimmte. Warum?
Zum einen, weil sie ihn ähnlich wie viele hierzulande den Guttenberg für wirtschaftlich unabhängig hielten. Zum anderen, weil Berlusconi die Ressentiments der Menschen bediente: Gegen (linke) Intellektuelle, Richter, Fahnder und Staatsanwälte.
Möglich war das natürlich auch wegen des Versagens der etablierten Parteienvertreter.
Ich sehe durchaus für Deutschland ähnliche Gefahren wie in Italien - in anderen Verläufen und unter anderen Vorzeichen, aber in der demokratietheoretischen Konsequenz ähnlich.
http://www.nytimes.com/2011/02/22/world/europe/22iht-letter22.html?_r=1
Ministers, tired of Mr. Guttenberg’s self-publicity, have said little. They know he is still very popular in Bavaria. There, Mrs. Merkel’s sister party, the Christian Social Union, must pull in a good number of votes during the 2013 national election. Only if the conservative bloc wins in Bavaria, does Mrs. Merkel have a chance at being re-elected for a third term. No wonder, say analysts, Mr. Guttenberg’s plagiarism allegations make the conservatives very nervous.
Hier das Zitat des Bayreuther Staatsrechtlers aus der morgigen FAZ:
http://twitter.com/#!/wolfgang_thies/status/40846146200928256
Ich gehe d´accord mit der Meinung zu Online-Umfragen, allerdings hat sich der Wind bei ihnen in den letzten Tagen gedreht und die Frage ist,ob auch die Tanker der repräsentativen Umfragen wenden werden?
Online-Umfragen sind einfach komplett für die Tonne, ein Lüftchen im Wasserglas; da gibt es gar keinen Wind, der drehen könnte.
Bildblog schaut, wie die Zeitung mit den großen Buchstaben mit anderen Politiker-Skandälchen so umgegangen ist in der Vergangenheit.
http://www.bildblog.de/28247/man-darf-nicht-bescheissen/
Die taz widmet sich der Symbiose der Gegelten (Freiherr und Bild-Chefredakteur), die sich demnächst für das Blatt auch finanziell auszahlen wird. Gutti-Groupies werden sich über das Foto freuen:
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/ein-bild-von-einem-mann/
Ein Politologe hat (auch erwartete, aber nicht erfolgte) Politiker-Rücktritte untersucht und weist darauf hin, dass sich auch schwer angeschlagen erscheinende Spitzenpolitiker oft wieder erstaunlich gut berappeln, während andere wegen einer Lappalie zurücktreten mussten:
Er ist schwer beschädigt, keine Frage. Aber es gibt auch andere Fälle, bei denen Politiker sehr wohl unbeschadet aus der Affäre rauskommen. Ich erinnere nur an Roland Koch, den früheren hessischen Ministerpräsidenten. Der war in der Bevölkerung wesentlich unbeliebter als Guttenberg. Koch hat damals die Öffentlichkeit belogen im Zusammenhang mit der Spendenaffäre und den angeblichen "jüdischen Vermächtnissen". Trotz Rücktrittsforderungen haben seine Partei und der kleine Koalitionspartner an ihm festgehalten. Die nächste Landtagswahl hat er dann mit absoluter Mehrheit gewonnen. Jetzt ist die Aufregung noch groß über Guttenberg, aber die wird sich mit der Zeit legen.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-02/interview-beucker-guttenberg-ruec ktritt
Die Uni Bayreuth ist unglaublich langsam und unglaublich peinlich. Was gab es da solange zu prüfen, OB es ein Plagiat ist? Was gibt es jetzt lange zu prüfen OB es eine BEWUSSTE Täuschung war? Wenn ein Blinder mit Krückstock und in totaler geistiger Umnachtung das sieht, warum hat man dann in Bayreuth so ein Brett vor dem Kopf?
Die Uni, der Herr Guttenberg und sein Doktorvater Haeberle haben der Wissenschaft schwer geschadet.
Das Mindeste, was man jetzt erwarten kann ist,
- dass Guttenberg seinen bewussten Täuschungsversuch zugibt,
- Herr Haeberle seine früheren Aussagen (es sein ganz sicher kein Plagiat) ebenso bedeuert wie seine schlampige und falsche Beurteilung (summa cum laude für 80% Plagiat und journalistisches Zusammengeschreibsel)
- die Uni Bayreuth sich klar von Guttenberg und anderen Täuschern distanziert,
- rechtlich gegen ihn vorgeht,
- ihre ehrlichen Wissenschaftler und Studenten vor Betrügern schützt
- und endlich eidesstattliche Versicherungen (mit klaren Strafandrohungen) von ihren Promoventen verlangt.
Die Politik und der Ministerposten kann der Uni völlig egal sein, aber will sie für die immense Rufschädigung und die Enwertung aller Abschlüsse dort dem Herrn Baron auch noch in den Hintern kriechen?
Andreas Fischer-Lescano analysiert in einem brillianten Artikel mit Rückgriff auf Niklas Luhmann "beängstigende Kausalverläufe" im Fall Guttenberg-Bayreuth
Übrigens scheint mir seine Analyse ein ernstzunehmender Hinweis darauf zu sein, dass auch in Deutschland das System Berlusconi nicht undenkbar ist.
Fischer-Lescano schreibt nämlich: "Luhmanns Beschreibung zielte auf Süditalien. Das liegt nach der Causa zu Guttenberg aber näher als davor; auch das ist ein beängstigender Kausalverlauf."
Im Falle Guttenbergs: "Legitimation durch (ilegitime) Verfahren". In Bayern scheint Vieles strukturell miteinander verkoppelt zu sein.
http://politbarometer.zdf.de/ZDFde/inhalt/17/0,1872,8215281,00.html
Dass zu Guttenberg weite Teile seiner Doktorarbeit nicht selbst geschrieben haben soll, ist für insgesamt 69 Prozent der Befragten weniger (40 Prozent) oder gar nicht wichtig (29 Prozent) und für zusammen 31 Prozent sehr wichtig (zehn Prozent) oder wichtig (21 Prozent).
Nur 22 Prozent sind der Meinung, zu Guttenberg soll aufgrund dieser Vorwürfe als Verteidigungsminister zurücktreten, drei Viertel (75 Prozent) verneinen dies (weiß nicht: drei Prozent).
Durch diese Vorwürfe sehen 42 Prozent die Glaubwürdigkeit zu Guttenbergs dauerhaft beschädigt, 55 Prozent gehen davon aber nicht aus (weiß nicht: drei Prozent).
Mit Blick auf die Zukunft halten ihn 60 Prozent noch für höchste politische Ämter geeignet, 35 Prozent meinen, er käme für solche Aufgaben nicht mehr in Frage (weiß nicht: fünf Prozent).
Top Ten
Guttenberg +1,4 Er verlor seit Februar 0,6 Punkte.(Februar 2,0)
Mein Fazit: Die Befragten messen einer Doktorarbeit eines Politikers nicht die Bedeutung bei, dennoch hat der Betrug ihm geschadet. Es ist also nicht so, dass Guttenberg unverwundbar ist wie gerne, um seinen Mythos zu steigern, verbreitet wird.
Dennoch, das Gift ist im Kreislauf und es wird weiter wirken!
Es häufen sich Texte, die die Komplexität des Geschehenen zu vermitteln suchen - hier werden die Ausreden Guttenbergs auf die Alkoholfahrt einer sehr popuären Bischöfin übertragen:
Man stelle sich vor, das wäre Guttenberg passiert: „Ich? Das ist abstrus. Es können allenfalls ein paar vereinzelte Gläschen gewesen sein.“ Als das Ergebnis des Atemtests bekannt wird, 1,2 Promille: „Mag sein, dass das bei mir stärker wirkt, zumal ich beruflich und familiär sehr angespannt war. Aber ich bin nie absichtlich angetrunken gefahren. Meinen Führerschein gebe ich vorläufig ab, damit in Ruhe ermittelt werden kann.“ Die Blutprobe zeigt freilich, dass der Alkoholkonsum noch weit stärker war. „Gut, gut, man hat sich vielleicht sturzbetrunken ans Steuer gesetzt. Man hat da vielleicht etwas den Überblick verloren. Aber ich bleibe dabei, nicht mit Absicht. Machen wir nicht alle Fehler? Meinen Führerschein kann die Polizei behalten. Ich denke, damit erübrigt sich jedes weitere Verfahren. Ich behalte meinen Dienstwagen mit Chauffeur, denn als Minister trage ich große Verantwortung.“ Amen.
Derweil analysiert der Economist die Verteidigungspolitik Guttenbergs vor dem Hintergrund des Plagiatskandals und kommt zu folgendem (Zwischen)-Ergebnis
http://www.economist.com/node/18233402?story_id=18233402&fsrc=rss
It is above all Mr zu Guttenberg’s rhetoric, which feels uplifting and bracingly candid, that has endeared him to German voters. He has the trick of appearing to speak truth to power while being riveted to power himself. You might expect the sin of plagiarism to be fatal for the zu Guttenberg brand. Not yet, apparently. Thanks to Germans’ willingness to overlook it, Mr zu Guttenberg may yet have a chance to turn his own words into deeds.
Es ist vor allem Herrn zu Guttenberg Rhetorik, die erhebende Gefühl erzeugt und erfrischend offen erscheint, die ihn so beliebt macht bei deutschen Wählern. Er hat den Trick als einer zu erscheinen,der die Wahrheit spricht im Angesicht der Macht, während er doch selbst an die Macht gekettet ist. Man könnte erwarten, dass die Sünde des Plagiats für die Marke zu Guttenberg tödlich wäre: Noch nicht, scheinbar. Dank der Bereitschaft der Deutschen, darüber hinwegzusehen, könnte Herr zu Guttenberg noch eine Chance haben, seine eigenen Worte in Taten umzusetzen.
In den nächsten Wochen und Monaten finden u.a. folgende Wahlen und Abstimmungen statt – zu allen Terminen werden (voraussichtlich) Märkte aufgesetzt:
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1. Halbjahr
2. Halbjahr
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