United Kingdom General Election 2019

Beiträge 1 - 10 von 252
  • United Kingdom General Election 2019

    Wanli, 30.10.2019 18:45
    #1

    III

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    III

    http://www2.politicalbetting.com/index.php/archives/2019/10/30/how-ge2019-is-bei ng-treated-on-the-front-pages/

    Eine wegweisende Wahl steht uns bevor, noch interessanter dadurch, dass Politik & Wahlergebnisse im UK in den letzten zehn Jahren durchaus für Kapriolen gut waren und auch hier bei WaFi kein rechter Konsens herrscht den Urnengang betreffend. Vielleicht mal Zeit für einen neuen Thread zum Thema.

    Da das hier der Eingangspost ist, halte ich mich mal mit Meinungen zurück und formuliere einfach mal einige Fragen - quasi als mögliche Diskussionsgrundlage:

    Worum wird es im Wahlkampf gehen?

    2017 wollte Theresa May einen Brexit-Wahlkampf führen, Labour und viele Bürger interessierten sich aber mehr für den Zustand der Infrastruktur und Kürzungen bei staatlichen Leistungen, was dann zu einem für viele Beobachter überraschend guten Abschneiden von Labour beitrug. Keine Frage: Boris wird den Brexit, den nur er wirklich durchsetzen könne, zum Eckpfeiler seines Wahlkampfs machen; das Austrittsdatum 31. Januar wird das natürlich auch erleichtern. Der Premier versucht aber auch, Mays Fehler zu vermeiden, indem er zusätzliche Mittel für Schulen und Gesundheitssystem verspricht. Ich persönlich hätte etwa so weit Vertrauen in diese Versprechungen, wie ich Johnson werfen könnte, aber wer weiß?

    Wie anderswo schon dargestellt, wird Labour diese Fragen die soziale Gerechtigkeit betreffend so weit wie möglich in den Vordergrund rücken, in Bezug auf den Brexit verspricht man ein neu auszuhandelndes Abkommen und darüber dann ein Referendum.

    LibDems, Plaid Cymru und die Grünen präsentieren sich als überzeugte Remainer; die LibDems wollen den Austrittsantrag schlicht zurückziehen. Für alle genannten Parteien ist natürlich eine zentrale Frage, wie sehr das Thema EU-Austritt andere Fragen in den Hintergrund treten lässt.

    Die SNP schließlich tritt an mit der Forderung nach einem erneuten Unabhängigkeitsreferendum für Schottland.

    https://www.theguardian.com/politics/2019/oct/30/let-battle-commence-how-the-par ties-are-shaping-up-for-decembers-election

    In welchem Maße taktieren Parteien und Wähler?

    Die relativ neu formierte Brexit Party hat bereits angekündigt, eine Kooperation mit den Konservativen anzustreben; auf der Gegenseite gibt es eine (soweit mir bekannt offiziell parteiunabhängige) Initiative, die den Bürgern beibiegen möchte, wie sie in ihren jeweiligen Wahlkreisen am aussichtsreichsten einem Brexitgegner zum Sieg verhelfen können.

    https://unitetoremain.org/

    Natürlich sind die Briten seit jeher gewiefte Taktierer an der Wahlurne: Während etwa die Grünen 2017 landesweit auf magere 1,6 Prozent kamen, erhielt die Grünenkandidatin im Wahlkreis Brighton Pavillion über 50% der Stimmen. Keine der beiden Zahlen spiegelt wohl die Zahl der Grünensympathisanten wider, sondern sie sind einzig dem Wahlsystem geschuldet.

    Wie schneiden die Jo-Jo-Parteien ab?

    Die LibDems haben in den letzten zehn Jahren einige Salti vollführt: Zu Beginn dieses Zeitraums noch links von Labour verortet, ging man in eine Koalition mit den Tories, inzwischen ist man zur konsequenten Remain-Partei mutiert. Erhielt man 2010 noch üppige 23 Prozent der Stimmen, waren es bei den letzten beiden Wahlen nicht einmal acht. Mal sehen, wie sich die jüngste Inkarnation der Partei schlägt; hier sind für Trader vermutlich große Gewinne oder Verluste drin.

    Auch das Ergebnis der Brexit Party wird interessant; der (noch existente, aber zur Kleinpartei geschrumpfte) Vorgänger UKIP war ja ebenfalls eine Partei, die durchaus über Potenzial verfügte, deren Wahlergebnisse aber stark schwankten. Eine nennenswerte Zahl von Sitzen wird die BP vermutlich nicht erringen, aber ihre Stärke oder Schwäche wird über die Zahl der Sitze vor allem von Tories und Labour mitentscheiden, wobei im Forum hier die Meinungen geteilt sind darüber, wem Stimmen für die BP eher nützen oder schaden.

    Schicksalswahl für den Brexit?

    Das 2017 gewählte Parlament brachte keinen EU-Austritt zustande; gelingt das auch dem nächsten nicht, könnte das den Austrittsprozess indirekt erledigen: Beim Referendum gab es in etwa 64% der Wahlkreise in Großbritannien eine Mehrheit für einen EU-Austritt; wäre es da nicht eine indirekte Kurskorrektur der Öffentlichkeit, wenn die Leaver da jetzt erneut keine Parlamentsmehrheit für ihr Anliegen installieren könnten?

    https://fullfact.org/europe/did-majority-conservative-and-labour-constituencies- vote-leave-eu-referendum/

    Nützliche Seiten

    Die folgende Seite widmet sich schon lange kenntnisreich nicht nur den politischen Entwicklungen im UK, sondern gibt auch jenen Tipps, die mit Wetten darauf Geld verdienen wollen:

    http://www2.politicalbetting.com/

    Wer einen Überblick über den Durchschnitt aktueller Umfragen haben und zudem wissen möchte, welche Auswirkungen ein Wahlergebnis in etwa auf die Sitzverteilung im Unterhaus haben würde, wird diese Seite mögen:

    http://www.electionpolling.co.uk/

    So - auf einen spannenden Markt und interessante Diskussionen!

    EDIT

    Bei den Buchmachern wird die Chance auf eine konservative Mehrheit nach der Wahl auf etwa Fifty-Fifty taxiert.

    http://www2.politicalbetting.com/index.php/archives/2019/10/29/with-a-december-1 2th-election-looking-a-near-certainty-punters-rate-johnsons-majority-chances-at- evens/

  • Rot halbtot?

    Wanli, 30.10.2019 21:09, Antwort auf #1
    #2

    Sind schon interessante Werte aktuell in unserem (bereits laufenden) Markt. Ich hab sie spaßeshalber mal in den Swing Calculator eingegeben; dieser spuckt dann 324 Sitze für die Tories aus - theoretisch keine Mehrheit der 650 Sitze, praktisch aber schon (wenn auch natürlich sehr knapp).

    http://www.electionpolling.co.uk/swingometer/uk-parliament?election=2017&CON =34.68&LAB=27&LD=18.52&UKIP=0.56&GRN=2.17&BREX=12.12#UnitedK ingdom

    Unseren aktuellen Wert für Labour finde ich aber schon mutig, um ehrlich zu sein. 27 Prozent, das wäre das schlechteste Ergebnis seit 1918, sogar um eine Haaresbreite mieser als 1983, als mehrere Spitzenpolitiker der Arbeiterpartei mit 28 Abgeordneten im Schlepptau die Biege machten und die Sozialdemokratische Partei aus der Taufe hoben.

    https://researchbriefings.parliament.uk/ResearchBriefing/Summary/CBP-7529

    Mag natürlich sein, dass Labour mit der kommenden Wahl wirklich resolut dem Vorbild der SPD folgt und vielleicht auch dauerhaft gen 20% marschiert. Aber vor zwei Jahren hat man noch 40% geholt; so schwierig die Lage für die Roten auch ist, würde mich ein Minus von 13 Prozent schon etwas überraschen.

  • Drumpfkarte

    Wanli, 01.11.2019 11:02, Antwort auf #2
    #3

    Nach dem Brexitreferendum hatte sich Nigel Farage in die Staaten begeben und dort enge Kontakte mit Donald Trump gepflegt, jetzt tut ihm der POTUS den Gefallen und gibt Farage in dessen Radioshow ein Interview. Auszüge hier:

    https://www.youtube.com/watch?v=aAxexKoMCgc

    Farage ein "Freund", Boris auch ein guter Typ, die beiden sollten zusammenarbeiten und Großes schaffen. Der Corbyn dagegen - fürchterlich, und so unhöflich!

    Ach ja, USA und UK könnten das vier-, ach was, fünffache des heutigen Handelsvolumens erreichen mit einem entsprechenden Handelsabkommen. Aber das werde es mit dem derzeitigen Johnsondeal wohl kaum geben, so Trump, dafür sei wohl ein No-Deal-Brexit nötig (den Farages Brexit Party ja favorisiert).

    The criticism of Mr Johnson's Brexit deal may be the most damaging aspect of the interview.

    Boris Johnson had boasted he'd be able to do a trade deal with the US after getting rid of Theresa May's 'backstop', which could have trapped the UK in an EU customs union.

    Yet Trump disagreed. The President told [Farage]: "We wanna do trade with the UK and they wanna do trade with us.

    "And to be honest with you this deal under certain aspects of the deal you can’t do it, you can’t do it, you can’t trade.

    https://www.mirror.co.uk/news/politics/general-election-boris-johnsons-team-2078 6482

    Johnsons Plan ist es, die Leaver möglichst geschlossen hinter sich zu versammeln: Ich hab den einzig machbaren Plan für den Brexit, gebt mir die Mehrheit, dann setze ich ihn um. Farages Partei setzt dagegen, da gebe es doch noch eine andere Variante, die noch viel besser sei: eben No Deal.

    Im Interview auch kurz Thema: Es laufen ja schon erste Gespräche ein Handelsabkommen zwischen USA und UK betreffend; der amerikanische Gesandte betonte jetzt, da werde man alles diskutieren, auch die Möglichkeit für amerikanische Firmen, Gesundheitsdienstleistungen im Rahmen des NHS anzubieten.

    Woody Johnson, the US ambassador to the UK, said the "entire economy" would be included in transatlantic negotiations, which could include allowing American private firms to bid for NHS contracts.

    https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/donald-trump-nhs-trade-deal-woody -johnson-matt-hancock-a8940861.html

    Labour wird versuchen, Kapital aus Befürchtungen zu schlagen, der NHS werde auf diese Weise teilprivatisiert und zugunsten der Profite amerikanischer Pharmafirmen geschröpft.

    The NHS is at critical risk as Boris Johnson wields the national treasure as bait in trade talks with the US, Labour claims.

    The health service could be forced to pay a crippling £500million a week more for medicines if thrown open to Big Pharma companies post-Brexit.

    Labour leader Jeremy Corbyn today accuses the Tories of putting the NHS “up for grabs” as he launches Labour’s election campaign.

    He pledges never to allow Donald Trump to get his hands on the health service for US firms in a trade deal.

    It follows revelations that senior British civil servants have been in secret talks with US firms to discuss the NHS in preparation for a post-Brexit trade deal. [...]

    As long ago as January, America’s pharmaceutical firms were asking the US government to ensure Brexit trade negotiations increased the price they can charge the NHS for drugs.

    https://www.mirror.co.uk/news/politics/nhs-boris-johnson-donald-trump-20761574

  • Teaser: Northern Ireland / realistische Tradingspannen

    Wanli, 01.11.2019 12:07, Antwort auf #3
    #4

    Die Nordirlandmärkte sind noch nicht aktiv, aber in der kleinen britischen Enklave zeichnen sich interessante Rennen ab; vier wichtige dürften die folgenden sein:

    Belfast South

    DUP vs. SDLP vs. Alliance

    Meines Wissens der einzige Wahlkreis in Nordirland, in dem sich drei Parteien Chancen ausrechnen. Die moderat nationalistische SDLP hielt ihn über mehrere Legislaturperioden, verlor bei der letzten Wahl gegen die unionistische DUP und sinnt nun auf Revanche - umso dringender, als die Zahl der SDLP-Abgeordneten 2017 von drei auf Null sank und die Partei dringend beweisen muss, dass ihr zunehmender Bedeutungsverlust über die letzten zwei Jahrzehnte zugunsten von Sinn Fein noch zu stoppen ist.

    Anders die Lage der Alliance Party: Die größte nordirische Partei, die sich keinem der beiden Lager der Unionisten beziehungsweise Nationalisten zuordnet, erzielt auf lokaler Ebene ganz ordentliche Erfolge und stellt auch einen der drei nordirischen Abgeordneten im Europaparlament; in Belfast South will man jetzt endlich auch einen Parlamentssitz in Westminster ergattern. Wenn sich die programmatisch recht ähnlichen Parteien SDLP und Alliance zu einer Absprache durchringen könnten, könnte man der DUP den Sitz wohl entreißen, aber beide Parteien brauchen einen Erfolg wohl zu dringend, um hier kompromissbereit zu sein.

    Foyle

    Sinn Fein vs. SDLP

    Die Gegend um Derry, Heimatstadt des langjährigen SDLP-Spitzenpolitikers und Friedensnobelpreisträgers John Hume, war lange eine Hochburg der moderateren Nationalisten, die 2017 aber Sinn Fein unterlagen; weniger als zweihundert Stimmen gaben den Ausschlag. Wiedervorlage im Dezember; der hier antretenden SDLP-Vorsitzende argumentiert, Derry mit seinem Hinterland in der Republik müsse im britischen Parlament vertreten sein, um den Brexit mitzugestalten oder (bestenfalls) zu verhindern.

    Belfast North

    DUP vs. Sinn Fein

    Das - soweit mir bekannt - einzig spannende Match zwischen den beiden Giganten der nordirischen Politik, die momentan zusammen 17 der 18 nordirischen Sitze halten. Entscheidend könnte sein, ob die malade kleinere Unionistenpartei UUP hier wie angekündigt einen eigenen Kandidaten aufstellt.

    North Down

    Unabhängige Abgeordnete vs. DUP

    Hier residiert seit 2001 Lady Hermon, zunächst als Politikerin der UUP, seit 2010 als Unabhängige. Ihr Vorsprung ist aber nicht mehr groß vor der DUP, die ihre Vorherrschaft im unionistischen Lager über die letzten zwei Jahrzehnte immer weiter gefestigt hat; die Lady wirkt da schon ein wenig wie ein Anachronismus - und wird kämpfen müssen.

    Alle Grafiken von den Wikipediaseiten der entsprechenden Wahlkreise, etwa: en.wikipedia.org/wiki/North_Down_(UK_Parliament_constituency)

    EDIT

    Vielleicht auch noch interessant:

    Fermanagh & South Tyrone

    Sinn Fein vs. UUP (?)

    Hier geht es traditionell sehr eng zu zwischen Nationalisten und Unionisten; das dürfte auch im Dezember wieder der Fall sein.

    Zusammengefasst (auf der Basis meines keineswegs enzyklopädischen Wissens; ich mag da auch etwas übersehen haben):

    Die DUP wird zwei Sitze verteidigen müssen und könnte einen erobern, Sitze nach der Wahl also vermutlich 8 - 11;

    Sinn Fein könnte ebenfalls zwei Niederlagen kassieren und einen Sieg erringen, "Sitze" nach der Wahl also 5 - 8;

    Die SDLP könnte zwei Sitze gewinnen, also 0 - 2; Alliance Party und UUP könnten einen ergattern, demnach jeweils 0 - 1; die Unabhängige einen verlieren, also ebenfalls 0 - 1.

  • Herausforderungen

    Wanli, 01.11.2019 14:13, Antwort auf #4
    #5

    Nigel Farage kündigt an, dass die Brexit Party ziemlich flächendeckend antreten werde, falls die Tories sich nicht zu einem Wahlpakt bereiterklären, der darauf hinausliefe, Johnsons Deal zu entsorgen und einen No-Deal-Brexit anzustreben. Die Daily Mail hat eine hübsche Karte, die einige Wahlkreise vorstellt, in denen die Brexit Party bei hinreichend gutem Abschneiden das Ergebnis beeinflussen dürfte:

    Im gleichen Artikel auch ein Überblick über zehn Wahlkreise, die auf unterschiedliche Weise typisch für die Arten von Gegenden sind, in denen sich die Wahl wohl entscheiden wird:

    https://www.dailymail.co.uk/news/article-7638411/Nigel-Farage-prepares-unveil-Br exit-Party-election-hit-list-HUNDREDS-seats.html

  • RE: Drumpfkarte

    drui (MdPB), 01.11.2019 14:14, Antwort auf #3
    #6

    Es wird interessant sein, wie der Spin von Boris Brexit-Deal ausschaut. Ich kann nicht erkennen, dass er für GB besser bzw. eindeutig anders wäre als der May-Deal, die DUP lehnt ihn trotz Änderungen in der Nordirlandfrage ebenso ab wie auch diverse Hard-Brexiter außerhalb der konservativen Partei. Trumps Einmischung ist für Boris ebenso ungünstig wie sie für Theresa war, Boris wird sicher nicht mit Farage einen Hard-Brexit-Wahlkampf führen. Je ungünstiger der Deal nun in der Öffentlichkeit ausschaut, desto schwerer werden BREXIT-Wähler zu Boris überlaufen, zumal Farage ein unangenehmer Gegenspieler ist.

    Nur werden sich die Stimmen im Remain-Lager ebenso splitten und kannibalisieren. Idealerweise müssten sich LibDems und Greens in ländlichen, ärmeren Wahlkreisen zurückhalten, in denen Leave eine knappe Mehrheit bekommen hat und Labour in städtischen, wohlhabenden Wahlkreisen, in denen Remain klare Mehrheiten gewonnen hat.

    Wenn Farage und Brexit stark bleiben, wird es meiner Meinung nach wieder ein hung parliament geben, bei dem die Tories aber 10 - 30 Sitze verlieren werden (va. in Schottland und städtischen Wahlkreisen). Labour wird an die Libdems und ev. marginal an Brexit verlieren.

  • Mehrheitswahlrecht und die Umfragen

    Wanli, 01.11.2019 15:10, Antwort auf #6
    #7

    Es wird interessant sein, wie der Spin von Boris Brexit-Deal ausschaut. Ich kann nicht erkennen, dass er für GB besser bzw. eindeutig anders wäre als der May-Deal

    Die beiden Deals unterscheiden sich schon: Bei May stand Brexit drauf, es war aber viel EU drin, vor allem der Verbleib im Binnenmarkt samt der meisten seiner Regeln: Soft Brexit. Boris würde den Großteil des UKs aus dem Binnenmarkt herausführen (die Nordiren natürlich nicht): eher Hard Brexit.

    Zum Spin: Johnsons Botschaft ist Get it done! Er hätte, so die nicht ganz korrekte Darstellung, den Brexit schon mit dem jetzigen Parlament beinahe hinbekommen, mit einer konservativen Mehrheit komme er sicher ans Ziel. Er wird dabei auch darauf bauen, dass die Leute das Wort Brexit einfach nicht mehr hören können und gar nicht so genau auf das Kleingedruckte schauen.

    Alle anderen Parteien werden die Nachteile des Deals betonen und auch, dass nach dem Brexit ja quälende Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen anstünden und dabei viele der gleichen Fragen auf dem Tisch lägen wie jetzt - inwiefern sich das UK nämlich an EU-Regeln binden soll.

    Nur werden sich die Stimmen im Remain-Lager ebenso splitten und kannibalisieren.

    Das wird sicher so sein. Aber man darf die Wähler auch nicht unterschätzen, die kennen ihr Mehrheitswahlrecht. Und deshalb glaube ich, dass die derzeitigen Umfragen zum Beispiel Labour deutlich unterschätzen. Klar, manche sind frustriert über den Kurs der Partei oder hadern mit Corbyn, aber letztendlich gibt es viele Wahlkreise insbesondere in der Mitte und im Norden Englands, wo Konservative und Labour meilenweit vor jeglicher Konkurrenz liegen.

    Wenn Du dort die Tories nicht magst, kannst Du zuhause bleiben oder Deine Stimme wegschenken an eine Partei, die Du besonders sympathisch findest. Werden sicher manche machen. Wer aber mit seiner Stimme etwas ausrichten (und den Konservativen schaden) will, der MUSS hier Labour wählen und ich bin sicher, dass viele, die den Demoskopen momentan erzählen, sie seien unentschlossen oder tendierten halt etwa zu den LibDems, am Ende ihr Kreuz bei den Roten machen werden.

  • Workington Man

    Wanli, 02.11.2019 13:16, Antwort auf #7
    #8

    Workington in Nordengland ist die Heimat des mittlerweile sprichwörtlichen Workington Man (Frauen sind offenbar nicht der Rede wert), der für die weiße Arbeiterklasse in der Mitte und im Norden Englands insgesamt stehen soll - traditionell eher Labourwähler, aber kein Freund der EU.

    Die Daily Mail publiziert jetzt eine Umfrage, durchgeführt im Wahlkreis Workington. Beim Blick auf die Ergebnisse sollte man natürlich die politische Ausrichtung des Blattes (knallhart konservativ und unermüdlich für den Brexit trommelnd) kennen - die Mail versteht sich sehr offensichtlich als Cheerleader für Johnson. Dennoch: Erfunden haben werden sie die Zahlen nicht und diese legen nahe, dass Corbyn einen Weg finden muss, um viele der nördlichen Labour-Wahlkreise zu halten.

    https://www.dailymail.co.uk/news/article-7640915/Workington-Man-backing-Boris-Jo hnson-Survey-finds-Tories-course-win-key-Labour-seat.html

    EDIT

    Die Strategie der Tories ist klar: Im Süden Englands sowie in Schottland wird man netto wohl Sitze verlieren und hofft dafür auf deutliche Zugewinne in den Midlands, im Norden Englands und in Wales.

    Das kann reichen für eine Mehrheit, allerdings war es auch Mays Plan im Jahr 2017, und der ging bekanntlich nicht auf, da Labour in den letzten Wochen (von den Demoskopen nur teilweise wahrgenommen) eben aufholen konnte. Ob (oder in welchem Ausmaß) das diesmal wieder gelingt, dürfte über den Wahlausgang entscheiden.

    EDIT 2

    Noch nicht hier gepostet: 10 der 21 vor einigen Wochen aus der konservativen Fraktion ausgeschlossenen Tories wurden wieder aufgenommen.

    A Conservative spokesman said Mr Johnson met with 10 of the 21 rebels in his Commons office on Tuesday evening. He was said to have told them he always wanted to find a way for them to rejoin the party, and the 10 MPs accepted his offer to be readmitted.

    https://www.express.co.uk/news/uk/1197306/General-Election-news-poll-polls-2019- vote-odds-Brexit-results-December-John-Curtice-UK

    EDIT 3

    Der Daily Mirror, ein labournahes Boulevardblatt, bringt ein paar Argumente, die auch Corbyns Partei in diesem Wahlkreis vorbringen wird: Man wird die konkreten Kürzungen hervorheben, die die Austeritätspolitik der Tories der Gegend beschert hat.

    https://www.mirror.co.uk/news/politics/what-tories-ever-workington-voters-207628 89

    Johnson versucht, dieser Argumentations entgegenzuwirken, indem er im Wahlkampf mehr Geld für Schule, NHS und Polizei verspricht; May hatte das meines Wissens nicht oder kaum getan.

  • Alles bereits gelaufen im UK?

    FreundvonLI, 02.11.2019 19:03, Antwort auf #8
    #9

    "Election Calculus" prognostiziert eine klare Mehrheit für die Torys im Unterhaus, und zwar 363 von 560 Sitzen.

    https://www.electoralcalculus.co.uk/homepage.html

    Bei den berechneten Wahrscheinlichkeiten für Parlamentsmehrheiten liegt eine Mehrheit für die Torys mit 52% deutlich vor der zweitwahrscheinlichsten Option (Labour mit 11%). Sollte es so kommen, ist die logische Folge, dass der Johnson-Deal angenommen wird und damit der Brexit zeitnah erfolgt.

    Ist wirklich schon alles so klar?

  • Nägelkauen in Schottland / UKIP

    Wanli, 02.11.2019 21:42, Antwort auf #9
    #10

    Die Wahlnacht verspricht Spannung in der nördlichsten Nation des UKs: 30 der 38 Three-Way-Marginals - Wahlkreise, in denen drei Parteien realistische Chancen auf den Sieg haben - des Vereinigten Königreichs liegen in Schottland.

    In Lanark and Hamilton East, for example, the SNP, Tories and Labour polled 16,444, 16,178 and 16,084 votes respectively last time out. That's 32.6%, 32.1%, and 31.9% of the vote - razor-thin margins.

    Einen weiteren Rekord hält Kilt-Country: Den Wahlkreis North East Fife gewann die SNP vor den LibDems mit zwei Stimmen Vorsprung - so knapp war's nirgendwo anders. Und nur in 13 der insgesamt 59 Wahlkreise hat die siegreiche Partei einen Vorsprung von 10% oder mehr.

    Zudem haben die vier hier relevanten Parteien in den letzten fünfzehn Jahren fleißig die Plätze gewechselt: Für Labour ging's von eins auf drei, für die Tories vom vierten auf den zweiten (knapp vor Labour); die SNP mauserte sich von der dritt- zur stärksten Kraft und die LibDems stürzten vom zweiten auf den letzten Platz ab. Das Parteiensystem ist insgesamt also recht dynamisch.

    https://www.bbc.com/news/uk-scotland-scotland-politics-49594562

    Die SNP hatte 2015 56 der 59 Wahlkreise gewonnen, bei der letzten Unterhauswahl stürzte sie dann ab auf 35 Mandate. Man erhofft sich jetzt einen erneuten Aufschwung durch die Ablehnung des Brexits und den Ruf nach der Unabhängigkeit; heute erst trat Parteichefin Sturgeon vor (angeblich) 20.000 jubelnden Fans eines unabhängigen Schottlands in Glasgow auf.

    https://www.thenational.scot/news/18010929.20-000-independence-supporters-cheer- nicola-sturgeon/

    Die SNP macht ein zweites Unabhängigkeitsreferendum zur Bedingung einer Kooperation oder Koalition im britischen Parlament. Die Wünsche der Parteibasis trifft man damit sicherlich; aber beim letzten Referendum hat eine klare Mehrheit gegen die Unabhängigkeit gestimmt, und obwohl man den Brexit in Schottland mehrheitlich ablehnt, gab es auch hier eine Million Leave-Wähler. Bin mal sehr gespannt, was das für das Abschneiden der Tories bedeutet, denen man ja im Allgemeinen ordentliche Verluste nördlich des Tweed prognostiziert. Die erwähnten Three-Way-Marginals bieten aber die Aussicht, mit deutlich unter 50% der Stimmen einen Sitz zu erobern, und die Tories bieten mit ihrem Nein zur EU zumindest ein Alleinstellungsmerkmal.

    EDIT

    UKIP steht bei uns bei über einem Prozent, ich halte das für zu hoch. Nach dem Referendum haben sich bei der einst recht erfolgreichen Partei acht verschiedene Vorsitzende die Klinke in die Hand gegeben, momentan hat die Partei gar keinen. Programmatisch ist man in den letzten Jahren immer weiter nach rechts gedriftet, vertritt etwa recht islamophobe Positionen. Bei Kommunalwahlen verlor die Partei fast alle Sitze.

    Zudem gibt es jetzt halt die Brexit Party: An Bord Nigel Farage und mit Ann Widcombe eine recht prominente Überläuferin von den Tories (sowie zudem - etwas bizarrer - ehemalige Mitglieder der Revolutionary Communist Party). Wo stellt UKIP überhaupt Kandidaten auf (ich hab dazu nichts gefunden) und warum sollte der geneigte Rechtspopulist nicht stattdessen die BP wählen?

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