Midterms in den USA (I)

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  • Senatswahlen: Der bizarrste Kandidat

    Wanli, 11.10.2010 00:16, Reply to #100

    South Carolina hat eine lange Geschichte politischer Skandale. Jetzt sorgt der Staat wieder für Stirnrunzeln in politischen Kreisen. Der lokale Kandidat der Demokraten für die Senatswahlen ist nämlich - komplett unbekannt. Alwin Greene ließ sich als Kandidat für die demokratischen Vorwahlen registrieren. Er ist ein Veteran, der aus der Army entlassen wurde, weil er selbst einfachste Aufgaben nicht erledigen konnte (laut Greene eine "Verschwörung" gegen ihn), demnächst ein Gerichtsverfahren wegen obszönen Verhaltens durchzustehen hat und mit seinem Vater in einem baufälligen Häuschen in einem 4000-Seelen-Nest wohnt. Selbst dort weiß man praktisch nichts über ihn.

    Greene hatte im Vorwahlkampf keinen einzigen Auftritt, weder sammelte er Spenden noch gab er Geld für Werbung aus, er besitzt keinen Wahlkampfstab; er stand halt einfach nur auf dem Stimmzettel. Bei den Vorwahlen bekam er dennoch knapp 100000 Stimmen - 59% der abgegebenen - und ist nun offizieller Kandidat gegen Jim DeMint (dessen Sieg schon vorher ziemlich sicher schien). In einem der wenigen Interviews fragte er plötzlich: "Kann ich das beenden?"

    Vergesst O'Donnell, Angle, Murkowski: Der Preis für den bizarrsten Kandidaten geht an Alwin Greene. Einen Sonderpreis gibt's für die Demokraten South Carolinas, die für jemanden stimmten, über den praktisch keiner von ihnen irgendetwas wusste.

    http://www.nytimes.com/2010/06/12/us/politics/12greene.html

    EDIT: Greene hat sogar eine Website mit diesem hübschen Bild: Der Army Veteran hilft Familien, denen man das Haus pfänden will. Sein Rezept gegen die Bildungsmisere in South Carolina? Schüler sollen im Matheunterricht mit Unterstützung durch die US-Sicherheitsbehörden Aufgaben lösen, die einen Bezug zum Kampf gegen den Terror haben.

    http://www.alvingreeneforussenator.com/

  • RE: Pharisäer, American Style

    Wolli, 11.10.2010 00:37, Reply to #100
    Zum Kotzen. Die finden die Tea Parties toll, malen dem "Sozialisten" Obama ein Hitlerbärtchen, machen ein Riesen-Bohei um klare marktwirtschaftliche Prinzipien aber wenn's um die eigene Brieftasche und damit zum Schwur kommt, dann werden sie ganz schnell zu - wie würden sie selbst es nennen - ja, "Sozialisten". Undecided

    Ist das nicht überall so? Ich weiß nicht wie es in Deutschland ist, aber in Österreich kann man mit Anti-Wien-Propaganda auch jede Menge Stimmen gewinnen. Außer vielleicht in Wien, da muß man einen anderen Sündenbock finden.

  • RE: Pharisäer, American Style

    Wanli, 11.10.2010 00:53, Reply to #102

    Sicher, in Ansätzen ist das überall so. Aber die fast schon religiöse Intensität, mit der Millionen Amerikaner genau das Gegenteil von dem predigen, was sie selbst leben, die ist schon in einer anderen Liga als in Europa, würde ich meinen. So einer wie Glenn Beck würde in Europa höchstens als Comedy durchgehen. Eigentlich könnte man diesen ganzen Heuchlern nur wünschen, dass sie ne richtig radikale republikanische Regierung samt Legislative kriegen, die ihnen genau das gibt, was sie jetzt fordern. Weg mit Staatsknete für arme Landesteile, Millionen von Staatsangestellten feuern, den ganzen Sozialstaat richtig zusammensteichen, Umweltstandards am besten ganz weg, jeder Irre darf mit nem MG über der Schulter rumlaufen, Abtreibung natürlich selbst in Fällen von Vergewaltigung oder Inzest verboten, die ganze Palette rechter Wunschträume halt. Das gäb ein Heulen und Zähneklappern hinter den Teetassen. Laughing

  • Umfrage Repräsentantenhaus / Nevada

    Wanli, 11.10.2010 18:05, Reply to #103

    Mal wieder ne neue Erhebung:

    Wahlabsicht Repräsentantenhaus:

    GOP 51,

    Demokraten 42,

    Andere 1,

    6 % Unentschlossene tendieren etwa Fifty-Fifty zu den beiden großen Parteien.

    Nevada:

    Angle 52,

    Reid 46.

    Die anderen beiden Senatsmärkte wurden nicht untersucht.

    http://theconservativejournal.wordpress.com/2010/10/11/tcj-research-107-109-poll s-analysis-angle-expands-lead-odonnell-still-behind/

    Ich weiß allerdings nicht, wie zuverlässig der Pollster ist. Von TCJ hab ich bislang noch nix gehört.

  • Obama = Bush?

    Wanli, 11.10.2010 21:46, Reply to #104

    Nein, das sehen noch nicht mal Baracks ärgste Kritiker so; auch sie scheinen zu verstehen, dass er intellektuell doch ein wenig mehr auf dem Kasten hat als sein texanischer Vorgänger. Den bekämpfte man bekanntlich am liebsten so:

    Obama dagegen verlangt doch nach etwas geistvollerem Protest, wie etwa gestern auf einer Veranstaltung in Philadelphia klar zu erkennen:

    http://www.dailymail.co.uk/news/article-1319448/Obama-book-thrown-Philadelphia-r ally.html

    Obamas Auftritt war eine der vielen Aktionen, mit denen die Demokraten die Jugend zur Wahl locken wollen. Die hat einen gehörigen Beitrag zu Obamas Wahlsieg vor zwei Jahren geleistet, könnte aber diesmal möglicherweise den Wahllokalen fernbleiben. Gar nicht nur wegen persönlicher Enttäuschung über Obama: Generell ist bei Midterms die Wahlbeteiligung niedriger, und das gilt insbesondere für jüngere Wähler. Bei Präsidentschaftswahlen findet etwa die Hälfte der prinzipiell Wahlberechtigten unter dreißig den Weg an die Wahlurnen, bei Midterms nur etwa ein Viertel. Ältere sind da deutlich zuverlässiger:

    http://thecaucus.blogs.nytimes.com/2010/10/10/the-elusive-youth-vote/

  • Wer solche Parteifreunde hat... / Wirtschaftsnobelpreis

    Wanli, 11.10.2010 23:08, Reply to #105

    ... braucht keine weitere Opposition mehr. Der populäre demokratische Gouverneur von West Virginia, einem der ärmsten Staaten der Union und stark abhängig vom Kohlebergbau, will Senator werden. Aber obwohl ihn die Leute in seinem Heimatstaat mögen, liegt er mittlerweile in Umfragen sogar leicht hinter seinem republikanischen Gegner. Die Zeiten sind hart für Demokraten.

    Deshalb ein neuer Werbespot des Gouverneurs: Er stolziert mit nem Gewehr rum, brüstet sich mit der Unterstützung durch die National Rifle Association, leiert ne Liste mit Anliegen runter, die direkt aus einem Pamphlet der Tea Parties geklaut zu sein scheinen, und jagt schließlich eine Kugel durch einen Gesetzesentwurf zum Thema Klimaschutz. Wenn das der Wahlkampf eines Demokraten ist, kann man sich vorstellen, wie der der GOP aussieht. Undecided

    http://www.youtube.com/watch?v=xIJORBRpOPM&feature=youtu.be

    EDIT: August 2010. Der Senat lehnt die vom weißen Haus vorgesehene Berufung von Professor Peter Diamond in den Aufsichtsrat der amerikanischen Bundesbank ab.

    Oktober 2010: Diamond bekommt mit zwei anderen Forschern den Wirtschafts-Nobelpreis; aus der Begründung:

    The Laureates’ models help us understand the ways in which unemployment, job vacancies, and wages are affected by regulation and economic policy.

    Der Senat ist immer noch nicht beeindruckt, einer seiner Gegner (aus der GOP natürlich) gibt zu bedenken:

    While the Nobel Prize for Economics is a significant recognition, the Royal Swedish Academy of Sciences does not determine who is qualified to serve on the Board of Governors of the Federal Reserve System.

    http://www.nytimes.com/2010/10/12/business/economy/12nobel.html?_r=1&hp

    http://thecaucus.blogs.nytimes.com/2010/10/11/fed-nominee-blocked-by-g-o-p-wins- nobel-prize/

  • RE: Wer solche Parteifreunde hat... / Wirtschaftsnobelpreis

    gruener (Luddit), 12.10.2010 02:18, Reply to #106

    hast du ernsthaft etwas anderes erwartet?

    ich meine, selbst ein strache oder ein wilders würden sich wahrscheinlich entsetzt von den demokraten abwenden, weil eindeutig zu rechtsradikal. und die republikaner hätten wir in europa vermutlich - und zu recht - längst zwangsweise mit einem entscheidenden hinweis auf wiederbetätigung aufgelöst.

     

    ich hoffe, einer der nächsten nobelpreise geht an einen wissenschaftler, dem es gelungen ist, dummheit riechbar zu machen. vielleicht eine der letzten hoffnungen, damit der rest der welt zukünftig um die usa einen riesenbogen macht.

     

    quintessenz: am 02. 11 stellt sich für die amerikanischen vollkoffer jeglicher colour erneut die frage, die sich unsereins wie folgt präsentieren würde: stellen sie sich vor, sie haben die wahl zwischen zwei haufen scheiße. welchem würden sie freiwillig ihre stimme geben? amis entscheiden sich bekanntlich für den blauen oder den roten haufen. (bzw. für einen esel oder einen elefanten) beides klingt nicht wirklich gesund. unsereins hätte bei solch farbgebungen im stuhl vermutlich schon längst in panik den notarzt gerufen...

  • RE: Wer solche Parteifreunde hat... / Wirtschaftsnobelpreis

    Wanli, 12.10.2010 05:11, Reply to #107

    Naja, ganz so is nu auch nich. Die meisten Dems sind schon deutlich progressiver als der besagte Gouverneur Manchin. In Europa wären Sie immer noch nicht links, aber ne trennscharfe Alternative zu den zunehmend abdrehenden Reps sind sie allemal. 538 fragt sich, ob die nationalen Demokraten den "Genossen" aus West Virginia überhaupt unterstützen sollten; das Geld wird ja an mehreren Fronten gebraucht und man liegt gegenüber der GOP finanziell eh schon im Hintertreffen. Wozu einen Kandidaten unterstützen, der in sämtlichen strittigen Fragen gegen eine demokratische Administration stimmen will? Die ideologischen Konstellationen in den spannenderen Senatswahlkämpfen (laut 538): Unsere Sharron Angle ist die Radikalste bei den Rechten.

    http://fivethirtyeight.blogs.nytimes.com/2010/10/11/west-virginia-poses-dilemma- for-democrats-must-win-or-no-win/#more-2085

  • Wegzehrung

    carokann, 12.10.2010 05:20, Reply to #108

    http://en.wikipedia.org/wiki/Why_I_Want_to_Fuck_Ronald_Reagan

    http://de.wikipedia.org/wiki/Why_I_Want_to_Fuck_Ronald_Reagan

    Why I Want to Fuck Ronald Reagan ist ein 1968 entstandenes Pamphlet des englischen Schriftstellers James Graham Ballard [wikipedia.org]. Es ist im Stil einer wissenschaftlichen Veröffentlichung geschrieben und gibt eine Reihe bizarrer Experimente wieder, welche vorgeblich die demnach durch psychosexuelle Störungen verursachte Attraktivität Ronald Reagans [wikipedia.org] zu messen versuchen. Reagan war zu der Zeit Gouverneur von Kalifornien und kandidierte bereits 1968 für die Nominierung als Präsidentschaftskandidat. Ballard ließ sich dabei von den Medienauftritten Reagans inspirieren.

    Der auch als experimentell-postmoderne [wikipedia.org] Kurzgeschichte charakterisierte[1] [wikipedia.org] Text führte bereits kurz nach dem ersten Erscheinen zu verschiedenen Kontroversen und juristischen Konsequenzen. Er treibt die bekannte mediale Ausstrahlung des Großen Kommunikators lange vor dessen Präsidentschaft mit satirischen und obszönen Mitteln auf die Spitze und gehört trotz seiner Kürze zu den folgenreichsten Publikationen Ballards.

    -------------------------------------------------------------------------

    Hier der Anfang

    WHY I WANT TO FUCK RONALD REAGAN

    During these assassination fantasies

    Ronald Reagan and the conceptual auto-disaster. Numerous studies have been conducted upon patients in terminal paresis (G. P. I.), placing Reagan in a series of simulated auto-crashes, e.g.

    multiple pile-ups, head-on collisions, motorcade attacks (fantasies of Presidential assassinations remained a continuing preoccupation, subjects showing a marked polymorphic fixation on windshields and rear trunk assemblies). Powerful erotic fantasies of an anal-sadistic character surrounded the image of the Presidential contender. Subjects were required to construct the optimum auto-disaster victim by placing a replica of Reagan’s head on the unretouched photographs of crash fatalities. In 82 percent of cases massive rear-end collisions were selected with a preference for expressed faecal matter and rectal haemorrhages. Further tests were conducted to define the optimum model-year.

    ....

    Ballard in seinen Anmerkungen:

    In 1968 the American poet Bill Butler, who ran the Unicorn Bookshop in Brighton on the south coast of England, published ‘Why I Want to Fuck Ronald Reagan’ as a separate booklet. Soon after, his bookshop, which specialized in European and American poetry and fiction, was raided by the police, and he was charged with selling obscene material -

    Burroughs and Bataille among others, if I remember, and my Reagan piece, which was selected as one of three offending exhibits brought to trial. A defence campaign was mounted, and I agreed to appear as a witness. Preparing me, the defence lawyer asked me why I believed ‘Why I Want to Fuck Ronald Reagan’ was not obscene, to which I had to reply that of course it was obscene, and intended to be so. Why, then, was its subject matter not Reagan’s sexuality? Again I had to affirm that it was. At last the lawyer said: ‘Mr Ballard, you will make a very good witness for the prosecution. We will not be calling you.’

    ...

    At the 1980 Republican Convention in San Francisco a copy of my Reagan text, minus its title and the running sideheads, and furnished with the seal of the Republican Party, was distributed to delegates. I’m told it was accepted for what it resembled, a psychological position paper on the candidate’s subliminal appeal, commissioned from some maverick think-tank.
  • Debatte in Nevada

    Wanli, 17.10.2010 09:59, Reply to #108

    Hier erste Eindruecke, beide scheinen sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert zu haben:

    "It was tough to watch last night's Harry Reid-vs.-Sharron Angle debate. It looked more like a condo board association meeting than a clash of political titans. 'Painful' doesn't even begin to describe last night's back-and-forth. And if both candidates didn't perform well, that only helps Angle. The reason: It's hard to paint your opponent as not ready for primetime if you don't come across looking much better than she did. Also, Reid never really buttonholed Angle on the issues. For example, he hit her for wanting to privatize Social Security -- but didn't take the extra step that that means subjecting retirement money to the stock market's ups and downs. And it was like this on issue after issue. Reid also slipped into 'Washington-speak' time and time again. Perhaps the worst moment for him: his shuffling around for notes for his closing statement."

    http://politicalwire.com/archives/2010/10/15/the_debacle_in_nevada.html

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